Großer Pechvogel, noch größerer Optimist
Ski alpin Hinter Stefan Luitz liegt eine Saison der Extreme: Perfekt begonnen, schlimmstmöglich beendet
Augsburg Es gibt Menschen, die sind als Optimisten geboren. Stefan Luitz ist so einer. Zum Glück, denn mehr Pech als der 26-Jährige Allgäuer kann ein Sportler kaum haben. Dabei hatte alles so gut begonnen. Luitz gewann Anfang Dezember gleich das erste Weltcup-Rennen nach langer Verletzungspause. Sein erster Sieg. Der ihm vom Weltverband Fis postwendend wieder aberkannt wurde, da er zwischen den beiden Läufen des Riesenslaloms von Beaver Creek Sauerstoff inhaliert hatte. Die Weltantidopingagentur erlaubt das, die Fis verbietet es. Luitz war zwischen die Fronten geraten. Und kaum hatte er diesen Schock überwunden, verletzte er sich an der Schulter. Bis zur WM im schwedischen Åre war Luitz wieder einigermaßen fit, um sich dort am Knie zu verletzen. Saisonende.
Die vergleichsweise leichte Knieblessur nutzte er, um seine Schulter in Ordnung bringen zu lassen. „Ich bin zusammengeflickt worden, jetzt geht’s wieder aufwärts“, sagt Luitz. Die Operation am Ende der vergangenen Woche sei aber unumgänglich gewesen. „Ich hatte eine Fraktur in der Schulterpfanne und habe immer gemerkt, dass die Schulter ein bisschen rausrutscht. Beim Skifahren war das kein Problem, aber das musste trotzdem gemacht werden.“Zehn bis zwölf Wochen dauert es, ehe alles ausgeheilt ist.
Luitz sieht es pragmatisch. „Es stinkt mir natürlich, dass das ein bisschen länger dauert als gedacht. Aber ich kann währenddessen mein Knie versorgen. Und wenn das Knie wieder top ist, kümmere ich mich um meinen restlichen Körper.“
Nach dem Sturz in Åre benötigte aber auch der Optimist Luitz ein paar Tage, um seine Zuversicht wiederzufinden. „Momentan reicht es mir ziemlich mit Verletzungen. Ich habe aber gelernt, dass alles viel leichter fällt, wenn man nach vorne schaut. Das sind Sachen, die wieder verheilen. Es gibt viel Schlimmeres im Leben. Deswegen werde ich jetzt nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern einfach weiterarbeiten.“
Von der Cas-Thematik habe er sich weitgehend abgeschottet. Vor dem internationalen Sportgerichtshof lässt er sich durch die Anwältin Anne Jakob vertreten. Wann es zur Verhandlung kommt, ist noch offen. Seit zwei Wochen herrsche Funkstille, sagte Jakob. „Ich hoffe aber, dass es noch vor dem Ende der Saison eine Entscheidung gibt.“
Luitz sieht dem gelassen entgegen. „Ich kann einfach nur hoffen, dass sportlich fair entschieden wird. Und dass endlich auch Klarheit in diese ganze Thematik kommt.“Er spielt auf die Diskrepanz zwischen den Regeln der Fis und der Wada an. Luitz: „Da lässt das Fis-Reglement Fragen offen, das ist nicht ganz optimal. Da muss Transparenz geschaffen werden.“
Ob er vor dem Cas seinen Weltcupsieg zurückbekommt, sei allerdings fraglich, schreibt der Sportrechtsexperte Steffen Lask in seinem Blog. „Es kommt grundsätzlich nicht darauf an, ob der Athlet eine Anti-Doping-Bestimmung – ob national oder international – kennt oder nicht. Das ist unerheblich. Allein der Verstoß ist entscheidend. (...) Dass die Regeln der Fis nicht im Einklang mit denen der Wada stehen, mag man bedauern. Das ändert aber nichts an dem Sachverhalt.“
Luitz selbst wagt keine Prognose. „Die sportliche Leistung kann mir niemand mehr nehmen“, sagt er nur. Trotzdem habe er das Thema immer im Hinterkopf gehabt. „Gerade in den ersten Rennen danach hat es mich, glaube ich, mehr Energie gekostet als gedacht. Da hätte ich mir manchmal gewünscht, ein bisschen mehr von dem Thema abgeschottet zu werden. Ich stand da voll im Wind.“