Gefährliche Finsternis
Venezuela Die Stromausfälle haben immer verheerendere Auswirkungen. Plünderungen nehmen zu. Aber wer trägt die Verantwortung?
Bogota Kurz vor Mitternacht gibt es einen hellen Lichterschein am Firmament. Irgendwo in Caracas ist ein Transformator in Flammen aufgegangen. Wieder einmal. Und wieder einmal ist ein Teil der Stadt ohne Strom. Seit Tagen geht das jetzt so.
Schuld am großflächigen Stromausfall ist offenbar das Wasserkraftwerk El Guri. Und dann gibt es überall Folgeschäden. Die venezolanischen Behörden schaffen es nicht, die Situation in den Griff zu bekommen. Stattdessen gibt Venezuelas Präsident Nicolas Maduro Anweisungen per Satellitentelefon. Selbst das nehmen ihm Landsleute nicht mehr ab und glauben an eine Inszenierung.
Auf den Straßen des Landes kommt es zu erschütternden Szenen. Geschäfte werden geplündert, die Besitzer stehen unfassbar vor ihrem zerstörten Laden. Ihr Leben ist ruiniert, eine weitere Quelle für dringend benötigte Waren versiegt. Venezolaner filmen, wie die gefürchteten paramilitärischen Banden der Regierung durch Caracas ziehen. Und sie schießen auf Wohnhäuser, in denen sich Protest regt. Sie kommen mit schwer bewaffneten Motorradgangs und beseitigen die Blockaden, die wütende Bürger errichtet haben.
Der Stromausfall ist längst zu einem neuen Kräftemessen zwischen sozialistischer Regierung und konservativer Opposition geworden. Maduro macht die USA und die Opposition für den Stromausfall verantwortlich und spricht von einem terroristischen Akt. Beweise hat er bislang keine. Regierungskritische Medien zitierten Mitarbeiter und Gewerkschafter aus dem Kraftwerk El Guri, die erklären, es sei technisch unmöglich, dass ein „Cyberangriff“für die Schäden verantwortlich sei. Gegenüber internationalen Medien sagte Oppositionsführer Juan Guaidó: „Es ist ein Witz, die Amerikaner für den Stromausfall verantwortlich zu machen.“Stattdessen warf er der Regierung vor, noch nicht einmal die Ursache des Blackouts erklären zu können.
Inzwischen hat der deutsche Botschafter in Venezuela, Daniel Kriener, nach seiner Ausweisung das Land verlassen. Eigentlich hätte das schon am Freitag nach Ablauf einer 48-stündigen Frist passieren sollen. Aber der Stromausfall wirkte sich auch auf den Flugverkehr aus. So konnte sich Kriener, dem das Maduro-Regime Parteinahme für die Opposition rund um Guaidó vorwarf, erst am Montag auf den Weg nach Deutschland machen. Die Bundesregierung hat die Vorwürfe erneut zurückgewiesen. Schon bald soll es Konsultationen geben. „Dann wird zu entscheiden sein, wie man weiter vorgeht“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Deutschland, die USA, zahlreiche EU-Staaten und viele lateinamerikanische Länder haben Guaidó bereits als rechtmäßigen Übergangspräsidenten anerkannt.