Scharfe Kritik an Bayern-Hilfe für Soros-Uni
Ungarn Weber bei Orban: SPD und FDP haben wenig Verständnis für den Vorstoß des CSU-Europaspitzenkandidaten. Sie sagen, dass die grundsätzlichen Probleme mit Budapest damit nicht gelöst werden
Brüssel/Budapest Ablenkungsmanöver oder wichtiger Vorstoß – die Finanzierung von Lehrstühlen der Zentraleuropäischen Universität CEU in Ungarn durch den Freistaat Bayern stößt in Brüssel auf zum Teil vehemente Kritik. „Wenn Bayern Lehrstühle der CEU übernimmt, ist das sicher gut gemeint“, erklärte der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament, Udo Bullmann, gegenüber unserer Redaktion. „Aber das ist keine Lösung für das grundsätzliche Problem.“Es könne nicht angehen, dass Premierminister Viktor Orbán „in Europa europäische Werte mit Füßen tritt“. Bullmann weiter: „Hier geht es nicht um einzelne Probleme, sondern um eine Missachtung europäischer Grundsätze.“
Manfred Weber, CSU-Vize und Spitzenkandidat der christdemokratischen EVP für die Europawahl, hatte im Gespräch mit unserer Redaktion (Dienstagausgabe) exklusiv angekündigt, Bayern wolle der von der Schließung bedrohten CEUUniversität zur Seite springen und mehrere Lehrstühle der von dem US-Milliardär George Soros gegründeten Hochschule finanzieren. Ein entsprechendes Angebot hatte Weber am Dienstag bei seinem Besuch in Budapest, wo er auch mit Orbán zusammentraf, im Gepäck. „Ich möchte, dass die CEU Wege findet, damit sie ihre Arbeit fortsetzen kann“, hatte der CSU-Politiker zuvor erklärt.
Auf scharfen Widerspruch stießen diese Pläne bei den Liberalen. Nicola Beer, Generalsekretärin der FDP und Spitzenkandidatin ihrer Partei für die Europawahl, sagte auf Anfrage: „Das Problem der SorosUniversität ist nicht die fehlende Finanzierung, sondern das unsichere rechtliche Fundament ihrer Tätigkeit.“Sie bezeichnete die von Weber angekündigten Finanzspritzen deshalb als „ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver“. Weber solle besser dafür sorgen, „dass die Wissenschaftsfreiheit von seinen eigenen Parteikollegen aus der Fidesz uneingeschränkt geachtet wird“.
Zustimmung erhielt Weber dagegen aus den eigenen Reihen. Daniel Caspary, Vorsitzender der CDU- im Europäischen Parlament, nannte die CEU „einen wichtigen Bestandteil der europäischen Hochschullandschaft“. Es bleibe zu hoffen, „dass die ungarische Regierung diese Anstrengungen (des Freistaates, d. Red.) ebenfalls unterstützt. Ziel muss sein, dass die CEU weiterhin erfolgreich lehren und forschen kann und eine gute Zukunft hat.“Es solle jetzt von allen Seiten sichergestellt werden, „dass die CEU wie in der Vergangenheit auch internationale wie europäische Abschlüsse vergeben“kann.
Das auf Druck der ungarischen Regierung vorübergehende Ausweichen der Universität nach Wien wird in Brüssel und Straßburg als Zeichen für den immer rechtsnatioAbgeordneten naleren Kurs von Premierminister Orbán gesehen. Zuletzt hatte es scharfe Auseinandersetzungen zwischen Budapest und Brüssel um eine Plakataktion der Regierung gegeben. Auf Aushängen im ganzen Land war neben dem Konterfei von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker auch CEU-Gründer George Soros mit breit verzerrtem Grinsen gezeigt worden, ergänzt durch einen Schriftzug, mit dem beiden unterstellt wurde, sie wollten die Union für illegale Einwanderer öffnen. Beim Eintreffen Webers in Budapest waren sie zumindest an der Flughafenstraße überklebt.
Über das gut einstündige Gespräch hinter verschlossenen Türen mit Ministerpräsident Orbán drang zunächst wenig nach draußen. Einen Durchbruch im Streit um den Verbleib der rechtsnationalen Orbán-Partei Fidesz im Kreis der konservativen Europäischen Volkspartei gab es jedenfalls nicht. „Wir bleiben weiter im Gespräch“, sagte Weber im Anschluss vieldeutig. Und er fügte hinzu, es sei ein konstruktives Treffen gewesen, das viele Fragen berührt habe.