Das Lachen ist ihm vergangen
Porträt In 30 Jahren steigt Dennis Muilenburg bei Boeing vom Praktikanten zum Konzernchef auf. Für sein Verhalten nach dem Flugzeugabsturz wird er scharf kritisiert
Zukunft. Ein tolles Wort. Es klingt nach Fortschritt, Innovation, moderner Technologie. Dennis Muilenburg, Chef des amerikanischen Flugzeugbauers Boeing mit Sitz in Chicago, ist ein großer Fan der Zukunft, wie man auf seinem Twitterprofil, bei Ansprachen vor Studenten oder in Interviews im Fernsehen sieht. Doch mit den Schwärmereien von der Zukunft war es für Muilenburg – man spricht es wie Mallenbörg aus – von einem Tag auf den anderen vorbei, als am Sonntag in Äthiopien eine Boeing-Maschine vom Typ 737 Max abstürzte. Es war das zweite Unglück in fünf Monaten, nachdem im Oktober bereits eine Boeing des baugleichen Typs abgestürzt war.
Bis dahin ging es mit der Karriere des 55-Jährigen steil aufwärts. Schon während des Studiums arbeitet Muilenburg, der in Iowa auf einer Farm aufwächst, als Praktikant bei Boeing. Direkt nach dem Abschluss steigt er als Ingenieur in die militärische Sparte des Konzerns ein. Immer weiter arbeitet er sich im Unternehmen nach oben, bis er 2009 zum ersten Mal als Vizepräsident in den Vorstand berufen wird. Sechs Jahre später übernimmt er das Amt des Konzernchefs. Der Aktienkurs verdreifacht sich in den vier Jahren, in denen er an der Spitze von Boeing steht. Die Fachzeitschrift kürt ihn 2018 zur „Person des Jahres“. Auch privat findet Muilenburg sein Glück. Er heiratet seine Frau Rebecca, sie bekommen zwei Kinder. Sein großes Vorbild ist der Vater, der ihm den Wert harter Arbeit vorlebt. In sozialen Netzwerken teilt er Bilder von Wanderausflügen mit seinem Sohn und spornt seine Tochter an, eine Karriere im MINT-Bereich anzustreben. Dazwischen sind Fotos von Muilenburg selbst als begeisterter Rennradfahrer zu sehen – Bilder auf dem Rad, im Trikot und nach dem Training mit der Mannschaft. Immer grinst der hagere, groß gewachsene Geschäftsmann, blaue Augen, kurze hellblonde Haare, breit in die Kamera. Doch seit Tagen ist auf seinem Profil nur noch eine einzige Nachricht zu lesen: „Unsere Gedanken und Gebete sind bei allen, die an Bord des Ethiopian-Airlines-Fluges 302 waren, und ihren Angehörigen.“Boeing wolle alles dafür tun, um bei der Aufklärung der Ursachen zu helfen.
Direkt darunter sammeln sich unzählige Beschimpfungen der Follower. „Sie sollten sich mit Ihrer Familie selbst in eines der Flugzeuge setzen. Würden Sie das machen? Wohl nicht.“Oder: „Wie viele Menschen müssen noch sterben, bis Boeing dieses Flugzeug wieder sicher macht?“
In einem Telefonat mit US-Präsident Donald Trump versicherte Muilenburg, mit den 737-Max-Maschinen sei alles in Ordnung, und argumentierte gegen ein Startverbot. Das nahmen ihm viele Nutzer in den sozialen Netzwerken übel. Erst als Trump und die US-Luftfahrtbehörde am Mittwoch ein Startverbot verhängen, ändert Muilenburg ebenfalls seine Strategie: „Sicherheit hat für uns oberste Priorität.“