Augsburger verkaufte gefälschte Nolde-Bilder
Justiz Ein einschlägig bekannter Betrüger drehte Kunden täuschend echt aussehende Werke für horrende Summen an. Nicht nur Auktionshäuser gingen ihm auf den Leim. Zielfahnder des LKA jagten dem Mann lange hinterher
Für Kunstfahnder des bayerischen Landeskriminalamtes (LKA) ist Gerhard P. ein ebenso begabter wie gerissener Fälscher. Dem Mann, der sich vor allem auf Aquarelle des Expressionisten Emil Nolde (1867– 1956) spezialisiert hat, sind sie fast zwei Jahrzehnte hinterhergejagt. In dieser Zeit wurde er zum Schrecken Münchner und anderer Auktionshäuser wie Christie’ s und Sotheby’s. Sie hatten sich täuschen lassen, Bilder als echt versteigert und mussten die Werke später zurücknehmen. Der Schaden für die Versteigerer summiert sich auf weit über einer Million Euro.
Gerhard P. ist 2004 in München erstmals wegen Betrugs mit gefälschten Nolde-Aquarellen zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. 15 Jahre später stand er in Augsburg, wo er lange gewohnt hat, wieder vor Gericht. Mit ähnlichem Resultat. Die Strafkammer unter Vorsitz von Richterin Bernard hat den inzwischen 65-Jährigen zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt – drei Monate mehr, als die Münchner Richter verhängt hatten. Wegen vollendeten und versuchten Betrugs, erneut mit Bildern des nordfriesischen Malers. Gerhard P., offenbar ein Waffennarr, ist zudem auch wegen illegalem Waffenbesitz verurteilt worden.
In den Jahren 2007 bis 2010 hatte Gerhard P. elf Aquarelle von Nolde und ein Gemälde „Sitzender Akt“des Malers Schmidt-Rottluff bei Auktionshäusern eingereicht. Nicht selbst, nicht unter seinem Namen, sondern durch Mittelsmänner. Sie traten als Treuhänder auf und kassierten dafür Provisionen bis zu 30 000 Euro. „Mein Name war verbrannt“, begründete der Angeklagte ganz offen sein Verhalten.
Als Sachverständiger geladen erklärte der Kunsthistoriker Manfred Reuther dem Gericht an zwei Verhandlungstagen, warum er jedes der zwölf Werke eindeutig für Fäl- schungen hält. Eine Steilvorlage für Verteidiger Frank Thaler.
Der Augsburger Anwalt hielt Reuther daraufhin vor, schon mehrere Male mit seiner Expertise falsch gelegen zu haben. Bereits 2011 hatte Reuther drei dieser Bilder begutachtet und ihnen bescheinigt, Originale zu sein. Ein peinlicher Irrtum, was der renommierte Sachverständige später eingestand. Der Kunsthistoriker leitete 20 Jahre die NoldeStiftung in Seebühl. Der schaffensfrohe Künstler aus dem Norden soll allein einige tausend Aquarelle gemalt haben. Doch es gibt, anders wie für seine Ölgemälde, kein Werkverzeichnis darüber. Was Fälschern ihr Geschäft erleichtert.
Im Rollstuhl wurde Gerhard P. – wie schon im Münchner Verfahren – in den Gerichtssaal geschoben. Er sei rechts halbseitig gelähmt, NachBeate wirkungen eines Schlaganfalls nach einem 1997 erlittenen Verkehrsunfall, wie er am ersten Prozesstag erzählte. Nicht nur deswegen bestritt er entschieden, die Noldes selbst gemalt zu haben. Ob er es getan hat?
Frühere Zielfahnder des LKA sind davon überzeugt. Im Prozess beriefen sie sich auf abgehörte Telefonate. Gerhard P. hatte sich nach der Haftentlassung nach Kenia abgesetzt, dort geheiratet. Während in München die Polizei erneut gegen ihn ermittelte.
Im Prozess rechtfertigte Gerhard P. Besitz und Verkauf der NoldeAquarelle damit, er sei Spekulant. Er kaufe und verkaufe, um Geld zu verdienen. Der Angeklagte, der Kunstgeschichte studierte, hat in früheren Jahren in München einen eigenen Kunsthandel betrieben. Er will überzeugt gewesen sein, den Auktionshäusern Originale anzubieten. Was ihm Staatsanwalt Benjamin Junghans nicht abnahm. Der Ankläger warf Gerhard P. vor, zu lügen. Der Angeklagte sei schon deshalb widerlegt, da Gutachter Reuther im Prozess ausgesagt hatte, alle Bilder wiesen auf denselben Fälscher hin. Die Strafkammer urteilte dennoch weniger hart.
Der Angeklagte, so Richterin Bernard, habe es in Kauf genommen, dass es sich um Fälschungen handelt. Ob er es gewusst hat, er also mit direktem Vorsatz handelte, war ihm aus Sicht des Gerichts nicht nachzuweisen. So blieb auch in Augsburg offen, wer der „geniale Plagiator Noldes ist“, von dem schon ein Münchner Richter gesprochen hatte. Das Urteil entsprang einer Prozessabsprache zwischen den Beteiligten.
Welche enormen Preise für Bilder von Emil Nolde auf dem Kunstmarkt bezahlt werden zeigt Fall 11 der Anklage. Am 14. März 2007 hatte das Auktionshaus Christie’s Noldes „Meeresansicht“zum Preis von 318455 Euro versteigert. Da die Fälschung später entdeckt wurde, musste Christie’s dem Käufer das Geld zurückgeben.
Ein Kunsthistoriker sagte, die Bilder seien echt