Wertinger Zeitung

Sieben Soldaten kippen um

Bundeswehr Ein Zuschauer ist entsetzt, dass das Strammsteh­en in der Formation Soldaten des Dillinger Bataillons Probleme bereitet habe. Was der Presseoffi­zier zur Fitness der Truppe sagt

- VON BERTHOLD VEH

Als sie ihren Diensteid ablegten, kippten sieben Soldaten des Dillinger Bundeswehr-Bataillons beim feierliche­n Gelöbnis in Wertingen um.

Wertingen Es war ein feierliche­s Gelöbnis im Wertinger Schlossgra­ben. 30 Rekruten (Soldaten in Ausbildung) des Informatio­nstechnikb­ataillons 292 haben am Donnerstag in der Zusamstadt ihr Gelöbnis beziehungs­weise den Diensteid abgelegt und dabei versproche­n, der Bundesrepu­blik Deutschlan­d treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidige­n. Der Kommandeur des Eurocorps, Jürgen Weigt, erinnerte daran, dass das Gelöbnis auch für ihn vor 47 Jahren „ein Gänsehautm­oment“gewesen sei. Und in der Tat war auch den Rekruten des Dillinger Bataillons anzumerken, dass sie bei dieser feierliche­n Zeremonie ergriffen waren. Die Schlagzeil­e in unserer Zeitung lautete dementspre­chend: „Soldaten bekommen in Wertingen ‚Gänsehaut’.“

Was in der vorderen Reihe bei der Tribüne allerdings nicht zu bemerken war: Bei dem feierliche­n Gelöbnis sind offensicht­lich einige der etwa 100 Soldaten, die in der Formation strammsteh­en mussten, umgekippt. Der Wertinger Reiner Kögl, der zu den etwa 250 Zuschauern zählte, schreibt unserer Redaktion: „Ich glaube, dass die Soldatinne­n und Soldaten keine Gänsehaut bekommen haben, sondern ich und bestimmt weitere Zuschauer.“Der Grund: Innerhalb von einer Stunde hätten insgesamt sieben Soldatinne­n und Soldaten, zwei Frauen und fünf Männer, „einen Kreislaufz­usammenbru­ch oder was auch immer“erlitten. „Sie mussten dann vor unseren Augen weggetrage­n werden“, teilt Kögl mit.

Er sei oben an der Mauer gestanden, und habe das genau mitbekomme­n. „Ich war entsetzt und fand das peinlich“, sagt der 61-Jährige, der einst Ende der 1980er Jahre selbst bei der Luftwaffe der Bundeswehr gedient hat. Und Kögl fragt sich: „Was ist nur mit den jungen Leuten von heute los, die nicht mal eine Stunde stehen können?“Zu seiner Zeit hätten Soldaten mehrere Stunden strammsteh­en müssen, ohne dass auch nur einer umgekippt wäre. Das Wetter könne man dafür nicht verantwort­lich machen, denn zu heiß sei es am Donnerstag bestimmt nicht gewesen, meint der Wertinger.

Der Presseoffi­zier des Informatio­nstechnikb­ataillons 292, Dieter Obermayer, bestätigt auf Anfrage, dass mehrere Soldaten beim Gelöbnis gesundheit­liche Probleme hatten. Die Ursache dafür sei dem Bataillon aber nicht bekannt. „Es geht allen wieder gut“, sagt Obermayer. Und es könne daraus nicht der Rückschlus­s gezogen werden, dass die Soldaten nicht fit seien. Die Fitness zu fördern, sei vom ersten Tag der Grundausbi­ldung an ein Ziel. Und der Sport sei auch bei Berufsund Zeitsoldat­en fest im Programm, erläutert der Presseoffi­zier. Bei den Rekruten sei die körperlich­e Leistungsf­ähigkeit anfangs oft unterschie­dlich. Es seien sehr gute Sportler ebenso dabei wie junge Soldaten, die vorher wenig Sport getrieben haben. „In den drei Monaten der Grundausbi­ldung versuchen wir, sie auf ein annähernd gleiches Niveau zu bringen“, erklärt Obermayer. Am Ende der Grundausbi­ldung stehe beispielsw­eise eine 36-StundenÜbu­ng auf dem Übungsplat­z auf dem Programm. Eine Rekrutin hatte beim Gelöbnis in Wertingen von diesen Strapazen mit einem Orientieru­ngsmarsch in der Nacht berichtet – und der Erfahrung der eigenen Grenzen, die man dabei macht.

Presseoffi­zier Obermayer weist darauf hin, dass das Stillstehe­n auf Dauer eine enorme Belastung für den Körper sei. Zuschauer könnten sich bei einer solchen Zeremonie ja ein wenig bewegen. Wenn Soldaten in einer Formation stehen, sei das aber nicht möglich. Er sei kein Arzt, sagt Obermayer. Bei langem Stillstehe­n könne der Kreislauf aber nicht so arbeiten wie gewohnt. Und wenn jetzt einige Soldaten beim Gelöbnis Kreislaufp­robleme gehabt haben sollten, dann lasse dies keineswegs den Rückschlus­s zu, dass die Truppe nicht fit sei.

„Es geht allen wieder gut.“Dieter Obermayer, Presseoffi­zier des Informatio­nstechnikb­ataillons 292

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Foto: Berthold Veh Das Gelöbnis im Wertinger Schlossgra­ben war am Donnerstag eine feierliche Zeremonie. Sieben Soldaten bereitete das lange Strammsteh­en in der Formation allerdings gesundheit­liche Probleme.

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