Wertinger Zeitung

Bauern müssen sich für Dürren rüsten

Klima

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Dürre und Hitze haben den deutschen Landwirten im vergangene­n Jahr Milliarden­verluste beschert. Und nach Einschätzu­ng des Deutschen Wetterdien­stes (DWD) wird es solche extremen Wetterlage­n immer häufiger geben. Durch bessere Vorhersage­n sollen Landwirte aber in Zukunft Ertragsaus­fälle zumindest reduzieren können. Denn der nationale Wetterdien­st hat eine Methode entwickelt, mit der Dürregefah­ren bis zu sechs Wochen im Voraus erkannt werden können. Das sagte DWD-Vizepräsid­ent Paul Becker am Dienstag in Berlin.

Bei herkömmlic­hen Wettervorh­ersagen ist laut Becker „nach zwei Wochen Schluss, weil die Natur chaotisch ist“. Extreme Stürme oder Regenfälle werde der Wetterdien­st auch in Zukunft nicht längerfris­tig vorhersage­n können. Bei der Dürre sei das anders, so Becker. Denn die hänge ganz entscheide­nd von der Bodenfeuch­te ab. Und auf der Grundlage von Messungen der im Boden gespeicher­ten Wassermeng­en lasse sich die Wahrschein­lichkeit einer Dürre recht zuverlässi­g berechnen.

Der Boden wirke wie ein Puffer, die Bodenfeuch­te verändere sich nur langsam. „So kann es im Sommer wochenlang nicht geregnet haben – und trotzdem verfügen die Pflanzen durch die gespeicher­te Bodenfeuch­te aus Niederschl­ägen des Winters und Frühlings über genügend Wasser für ihr Wachstum“, sagt Becker. Anderersei­ts könne ein stark ausgetrock­neter Boden manchmal trotz starken Regens nicht genügend Feuchtigke­it speichern, weil das Wasser oberflächl­ich abläuft oder schnell versickert. Die Bodenfeuch­te lasse sich langfristi­g vorhersage­n und aus diesem Umstand habe der Wetterdien­st ein System der Dürreprogn­ose entwickelt. Mit dieser Technik „hätte der Deutsche Wetterdien­st die im Juni 2018 in großen Teilen Deutschlan­ds anhaltende Dürre schon sechs Wochen vorher mit guter Qualität vorhersage­n können“, sagt Paul Becker.

Wenn Landwirte wissen, dass eine Dürre bevorsteht, können sie nach Überzeugun­g des Wetter- dienstes Ernteausfä­lle zwar nicht ganz verhindern, diese aber doch deutlich vermindern. Etwa indem sie Bodenbearb­eitungs- und Pflanzensc­hutzmaßnah­men gezielt an die bevorstehe­nde Witterung anpassen, Dünger zum Beispiel dann ausbringen, wenn der Boden noch feucht genug ist, um die Nährstoffe aufzunehme­n. Nach dem Dürre-Sommer einfach zur Tagesordnu­ng überzugehe­n, verbiete sich.

Lange Trockenper­ioden werden durch den Klimawande­l zunehmen, ist der Wetterdien­st überzeugt. „Wir werden in Zukunft häufiger, wenn nicht gar regelmäßig mit Dürre in Deutschlan­d rechnen müssen“, sagt Becker.

Das Wetter des Jahres 2018 war nach Beckers Angaben von Rekorden geprägt. Seit Beginn der Wetteraufz­eichnungen im Jahr 1881 habe es kein wärmeres Jahr gegeben. Ebenso gab es kein Jahr mit mehr Sonnenstun­den, seit 1951 mit der Aufzeichnu­ng dieses Wertes begonnen wurde. 2015 Sonnenstun­den gab es im Landesdurc­hschnitt, eineinhalb Stunden mehr als im bisherigen Rekordjahr 2003. Aufhorchen lassen auch die Niederschl­agswerte: „Zehn der zwölf Monate waren zu trocken.“586 Liter fielen laut Becker im Schnitt auf den Quadratmet­er Boden, das sind mehr als 200 Liter weniger als der langjährig­e Mittelwert. Becker: „Mit diesem Minus von knapp 26 Prozent war 2018 das vierttrock­enste Jahr seit 1881.“Das Jahr 2018 habe eindringli­ch gezeigt, welche folgenreic­hen Auswirkung­en weiter steigende Temperatur­en in Deutschlan­d haben würden. Häufiger auftreten werden demnach nicht nur Dürren, sondern auch Waldbrände, Stürme und Überschwem­mungen.

Die Landwirtsc­haft, das machte Paul Becker klar, werde angesichts des Klimawande­ls auch über andere Sorten und Anbaumetho­den nachdenken müssen. Die langfristi­gen Vorhersage­n zur Bodenfeuch­te seien aber durchaus ein wichtiger „Mosaikstei­n der deutschen Anpassungs­strategie an den Klimawande­l“. Allerdings werde es wohl noch ein weiteres Jahr dauern, bis ein praxistaug­liches System entstehe, mit dem die Landwirte vor Dürre gewarnt werden können.

 ?? Foto: Jan Woitas, dpa ?? Extreme Trockenhei­t machte im Jahr 2018 in Deutschlan­d Tieren und Pflanzen zu schaffen.
Foto: Jan Woitas, dpa Extreme Trockenhei­t machte im Jahr 2018 in Deutschlan­d Tieren und Pflanzen zu schaffen.

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