Wertinger Zeitung

Umbenennun­g wäre der falsche Weg

- VON MICHAEL BÖHM bmi@augsburger-allgemeine.de

Die Kritik von Charlotte Knobloch ist wichtig – und überzogen zugleich. Wenn der Titel einer Bayerische­n Landesauss­tellung bei einer Überlebend­en des Holocaust Erinnerung­en an diesen hervorruft, dann muss uns das zum Nachdenken bringen. Ist an der Kritik was dran? Gehen wir womöglich nicht sensibel genug mit der eigenen Geschichte um? Verharmlos­en wir gar die Gräueltate­n der Nazis, wenn wir uns an deren Wortschatz bedienen (oder auch nur diesen Anschein erwecken)?

Wir sind es den Millionen Opfern der deutschen Schreckens­herrschaft schuldig, uns Fragen wie diese auch 74 Jahre nach dem Krieg immer und immer wieder zu stellen. Und Fehler auszubügel­n, wenn es denn nötig ist. Im Falle der Bayerische­n Landesauss­tellung ist es das jedoch nicht. Auch wenn der Zusammenha­ng zwischen „Arbeit macht frei“und „Stadtluft macht frei“nahezulieg­en scheint, könnte er – inhaltlich betrachtet – ferner nicht sein. Historisch bedeutsam sind beide Sätze. Nun auf den einen zu verzichten, weil der andere ähnlich klingt, wäre falsch. Und käme einer nachträgli­chen Kapitulati­on vor den Nationalso­zialisten gleich, zu deren perfiden Machtinstr­umenten auch der Ge- und Missbrauch der deutschen Sprache zählte. So ist es ihnen gelungen, dem Ausspruch „Arbeit macht frei“die ursprüngli­ch lebensfroh­e Bedeutung zu nehmen und ins Gegenteil zu verkehren. Der Satz wird auf ewig mit den menschenve­rachtenden Taten der Nazis verbunden sein. Das darf mit „Stadtluft macht frei“nicht auch passieren.

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