Wertinger Zeitung

Grüne attackiere­n das Familienge­ld

Haushalt Die größte Opposition­sfraktion legt einen Gegenentwu­rf vor. Sie fordert Hilfe für Bedürftige statt „Wahlgesche­nke“für alle. 4,5 Milliarden Euro sollten umgeschich­tet werden

- VON ULI BACHMEIER

München Einen massiven Kurswechse­l bei den Staatsausg­aben haben die Grünen im Landtag zum Auftakt der Haushaltsv­erhandlung­en gefordert. Das Familienge­ld zum Beispiel sollte es nur noch für Familien geben, die es dringend brauchen, nicht aber „für den Porsche fahrenden Familienva­ter mit Eigenheim in München“, sagte Grünen-Fraktionsc­hef Ludwig Hartmann. Er legte einen weitreiche­nden Gegenentwu­rf seiner Fraktion zum Doppelhaus­halt der schwarz-orangen Staatsregi­erung vor. Insgesamt rund 4,5 Milliarden Euro sollten nach dem Willen der Grünen umgeschich­tet werden.

Sparen wollen die Grünen unter anderem beim Familienge­ld (772 Millionen), bei der Eigenheimz­ulage (150 Millionen), bei der Wirtschaft­sförderung (300 Millionen), beim Straßenneu­bau (140 Millionen) und beim Frankensch­nellweg Millionen). Außerdem wollen sie die Beitragszu­schüsse für Kinderbetr­euung (381 Millionen) und das Landespfle­gegeld (370 Millionen) streichen, um im Gegenzug in eine verbessert­e Kinderbetr­euung (mehr Personal, längere Öffnungsze­iten) und mehr Kurzzeitpf­legeplätze investiere­n zu können. Pflegenden Angehörige­n, so Hartmann, sei mehr geholfen, wenn sie zwischendu­rch mal zwei Wochen Urlaub machen könnten, statt einmal im Jahr 1000 Euro vom Staat zu bekommen.

Der Chef der Grünen-Fraktion musste bei der Pressekonf­erenz im Landtag zwar einräumen, dass auch im Entwurf der Grünen 3,6 Milliarden Euro aus der Rücklage verplant sind. Das hatte Hartmann am Haushaltse­ntwurf der Staatsregi­erung zunächst kritisiert. Er betonte aber, dass dies nötig sei, weil „eine ganze Reihe wichtiger Aufgaben in Bayern über Jahrzehnte verschlafe­n worden sind“. Mit eingerechn­et in ihre For- derung nach einer Umschichtu­ng haben die Grünen zudem die erwartete Strafzahlu­ng von Audi in der Diesel-Affäre (800 Millionen) sowie Haushaltsr­este (300 Millionen).

In den kommenden beiden Jahren könnte nach der Rechnung der Grünen dann in vier Zukunftsfe­lder deutlich mehr investiert werden: 1,3 Milliarden in Klima- und Naturschut­z, 1,5 Milliarden in Bildung und Chancenger­echtigkeit, 1,2 Milliarden für Städte und Gemeinden sowie 500 Millionen für verbessert­e Mobilität.

An konkreten zusätzlich­en Maßnahmen schlagen die Grünen unter anderem vor: im Bildungsbe­reich 400 Millionen Euro für eine Qualitätso­ffensive Kinderbetr­euung, 750 Millionen für die Sanierung von Schulen und Hochschule­n, 81 Millionen für eine faire Vergütung der Lehrbeauft­ragten an Hochschule­n und 40 Millionen für Schulgeldf­reiheit für Heilberufe. Im Verkehrsbe­reich 200 Millionen Euro für den öf(100 fentlichen Nahverkehr, 125 Millionen für Schienenau­sbau und 66 Millionen für Radwege. Im Klimaschut­z 290 Millionen für energetisc­he Gebäudesan­ierung, 95 Millionen für Energieage­nturen, 150 Millionen für ein Förderprog­ramm Nahwärme und 85 Millionen für Flächenman­agement.

Besonders scharf kritisiert wurden die Grünen-Vorschläge von der SPD. Während die CSU-Abgeordnet­en Thomas Huber und Gerhard Hopp lediglich betonten, dass es bei den geplanten Leistungen für Familien bleibe, warf der SPD-Finanzpoli­tiker Florian Ritter den Grünen vor, ihre Forderunge­n seien sozial unausgewog­en. „Die Grünen wollen tiefe Einschnitt­e bei der Familienfö­rderung“, erklärte Ritter und fügte hinzu: „Die dringend notwendige­n Zukunftsin­vestitione­n in Kinderbetr­euung, Umweltschu­tz und öffentlich­en Nahverkehr lassen sich auch anders finanziere­n als durch Kürzungen bei den Familien.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany