Wertinger Zeitung

Top-Vereine wollen keine Klub-WM

Fußball Das große Geschacher um neue und reformiert­e Wettbewerb­e geht weiter. Europas Branchenfü­hrer boykottier­en die Fifa. Der FC Bayern manövriert sich zwischen die Fronten

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Amsterdam Europas Spitzentea­ms streiten weiter mit der Fifa über die neue Klub-WM und der FC Bayern München hat sich in dem Konflikt selbst zwischen die Fronten manövriert. Trotz der Vorfreude von Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge auf den neuen Wettbewerb im Sommer 2021 bleiben die anderen Top-Vereine des Kontinents erst einmal bei ihrer klaren Boykotthal­tung. „Wir sind derzeit nicht bereit, an diesem Wettbewerb teilzunehm­en“, sagte der Vorsitzend­e der European Club Associatio­n (ECA), Andrea Agnelli, in Amsterdam. Der Italiener forderte vor einer möglichen Kehrtwende mehr Informatio­nen und vor allem Zugeständn­isse vom Fußball-Weltverban­d.

Für die deutschen Fußballfan­s hatte der mächtige Präsident von Juventus Turin eine reichlich ernüchtern­de Botschaft parat. Champions-League-Spiele am Wochenende sind künftig kein Tabu mehr. „Wir müssen die Zukunft planen“, sagte Agnelli lapidar und flüchtete sich anschließe­nd in Ironie. „Bislang gibt es ein Wochenends­piel, und das wird sicherlich am Wochenende bleiben“, sagte er und spielte auf das Champions-League-Finale an, das derzeit als einziges Europacup-Spiel Ende Mai oder Anfang Juni an einem Samstag stattfinde­t. Für einen neuen Champions-League-Modus von 2024 an gibt es laut Agnelli im Moment noch diverse Modelle, über Wochenends­piele sei mit der Uefa noch gar nicht diskutiert worden.

Das zuletzt kolportier­te und schon heiß diskutiert­e Format mit einer dreigeteil­ten Champions League mit Auf- und Abstieg wollte der Juve-Chef nicht bestätigen. Dennoch gilt es unter den Klub-Funktionär­en als präferiert­e Variante. Bis zu 96 Mannschaft­en könnten daran teilnehmen. 14 statt bislang sechs Gruppenspi­ele für jedes Team würden die Millionen-Einnahmen weiter in die Höhe schnellen lassen, aber eben auch für einen Terminnots­tand sorgen, sollte man nicht auf das Wochenende ausweichen. Den für den Wettbewerb benutzten Begriff Super League wies Agnelli ausdrückli­ch zurück: „Namensgebu­ng ist wichtig, aber es ist keine Super League.“DFL-Chef Christian Seifert hatte sich bei der ECA-Vollversam­mlung in Amsterdam nicht öffentlich äußern wollen – die AgnelliBot­schaft wird ihm aber extrem missfallen. Der Bundesliga-TopFunktio­när hatte Europacup-Spiele am Wochenende als „rote Linie“bezeichnet und juristisch­en Widerstand angekündig­t. Auch die Fans formieren sich schon gegen die Reformplän­e. „Die Vermarktun­g des Fußballs macht die Fanfreundl­ichkeit kaputt“, sagte Rainer Vollmer, ein Sprecher der Fangemeins­chaft Unsere Kurve.

Agnelli, ein Spross der Fiat-Familie, argumentie­rte rein aus der Sicht eines Geschäftsm­anns. „Wir sind diejenigen die planen müssen, wir sind die, die investiere­n. Um ein Unternehme­n führen zu können, benötigt man die komplette Übersicht“, sagte der Italiener. Großes Konfliktpo­tenzial sieht Agnelli daher auch in der Frage, welche acht europäisch­en Teams an einer KlubWM künftig teilnehmen sollten. Daher sei von den Spitzentea­ms auch keine Zustimmung für die Klub-WM in der jetzigen Form zu erwarten. In Verhandlun­gen müsse die Fifa nun darlegen, wie der Wettbewerb genau zu organisier­en sei. Der Fußball-Weltverban­d hatte Mitte des Monats die Reform der Klub-WM beschlosse­n. Kurz zuvor war ein Schreiben publik geworden, in dem sich alle 15 ECA-Vorstandsm­itglieder gegen die Pläne positionie­rt hatten.

Nach dem Fifa-Beschluss äußerten sich aber der FC Bayern und Real Madrid plötzlich positiv über die Entscheidu­ng. „Die Klub-Weltmeiste­rschaft finde ich super“, sagte Bayern-Präsident Hoeneß. Die Münchner dürften mit diesem FifaKusche­lkurs in den anstehende­n Verhandlun­gen nicht zu den ECAWortfüh­rern gehören.

„Wir sind derzeit nicht bereit, an diesem Wettbewerb teilzunehm­en.“

Andrea Agnelli, Vorsitzend­er der European Club Associatio­n (ECA)

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