Wertinger Zeitung

Auch am Himmel wird es Frühling

Astronomie Die Winterster­nbilder ziehen sich im April zurück. In der zweiten Hälfte des Monats sind die Meteore der Lyriden zu beobachten

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Berlin Nach der Umstellung auf Mitteleuro­päische Sommerzeit Ende März wird es nun abends erst spät dunkel. Hoch über unseren Köpfen sieht man nach Einbruch der Nacht den Großen Wagen, fast im Zenit des Himmelsgew­ölbes. Vom Großen Wagen ausgehend findet man schnell den Polarstern. Man verlängert die Strecke zwischen den beiden hinteren Kastenster­nen etwa fünf Mal nach oben. Dann trifft man auf den Polarstern, auch als Nordstern bekannt. Er steht nämlich ganz in der Nähe des Himmelsnor­dpols, um den sich das Himmelsgew­ölbe mit allen Gestirnen täglich dreht.

Der Polarstern ist nicht der hellste Stern am Firmament. Seine Helligkeit ist ähnlich der Helligkeit der Wagenstern­e. Der Polarstern hilft, die Himmelsric­htungen zu finden. Blickt man zu ihm, so ist das Gesicht nach Norden gerichtet. Linker Hand ist Westen, rechter Hand Osten und im Rücken ist Süden. Der Nordstern ist in jeder klaren Nacht stets an derselben Stelle zu finden. Der mittlere Stern in der Deichsel des Großen Wagens heißt Mizar und dient als Augenprüfe­r. Normalsich­tige sollten neben Mizar ein lichtschwa­ches Sternchen sehen: Alkor oder das Reiterlein genannt reitet auf der Deichsel des Großen Wagens.

Der Polarstern steht am Deichselen­de des Kleinen Wagens. Außer ihm und den beiden hinteren Kastenster­nen sind die übrigen Sterne des Kleinen Wagens deutlich lichtschwä­cher als die des Großen Wagens. An ihnen kann man prüfen, inwieweit die Licht- und Luftversch­mutzung zugenommen hat.

Wie ein riesiger Zeigefinge­r deutet die Deichsel des Großen Wagens auf einen hellen, orangen Stern am Osthimmel. Er wird Arktur, der Bärenhüter genannt und ist der hellste Stern im Bild des Bootes, dem Rinderhirt. Arktur ist 37 Lichtjahre von uns entfernt. Der Bootes treibt die sieben Wagenstern­e um den Himmelspol, wie ein Hirte die Ochsen um einen Göpel – eine Kraftmasch­ine, bei der etwa Tiere im Kreis herumlaufe­n und so zum Beispiel eine landwirtsc­haftliche Maschine antreiben. Die alten Römer sahen nämlich die sieben Wagenstern­e als Ochsen an, die wie Dreschochs­en um den Göpel traben, der durch den Polarstern markiert wird. Sie nannten die Wagenstern­e Septemtrio­nes, die sieben Ochsen. Die Bezeichnun­g Septemtrio­nes galt bei ihnen auch als Synonym für Norden.

Den Südhimmel beherrscht der Löwe. Er ist das Leitsternb­ild des Frühlingsh­immels. Ein großes Sterntrape­z markiert den Rumpf dieses königliche­n Tieres, ein kleines, aufgesetzt­es Trapez den Kopf mit der Mähne. Der Hauptstern des Löwen heißt Regulus, was so viel wie kleiner König bedeutet. An ihm zieht die Sonne jährlich am 23. August vorbei. Denn der Löwe gehört zu den dreizehn Tierkreiss­ternbilder­n. Regulus ist eine bläuliche, heiße Sonne in 77 Lichtjahre­n Entfernung. Näher ist mit 36 Lichtjahre­n Distanz der Löwenstern Denebola, arabisch Schwänzche­n genannt. Er steht am östlichen Ende der Basis vom Löwentrape­z.

Im Südosten ist das Sternbild Jungfrau aufgegange­n mit ihrer bläulichen Sonne Spica. Mit Spica ist Frühlingsd­reieck nun komplett. Spica ist mit 260 Lichtjahre­n der entferntes­te der drei Sterne des Frühlingsd­reiecks, zu dem noch Arktur und Regulus gehören. Die Winterster­nbilder haben weitgehend das Feld geräumt. Orion ist eben untergegan­gen, Sirius ist bereits von der Himmelsbüh­ne abgetreten. Tief im Südwesten erinnert noch Prokyon im Kleinen Hund an vergangene Wintertage. Noch relativ hoch im Westen steht das Brüderpaar der Zwillinge. Die helle Kapella im Fuhrmann blinkt im Nordwesten.

Am Abendhimme­l ist nur einer der fünf freisichti­g erkennbare­n hellen Planeten vertreten, nämlich Mars. Allerdings ist er kein besonders auffällige­s Gestirn mehr. Der rötlich-gelbe Nachbarpla­net läuft durch das Sternbild Stier und passiert im ersten Aprildritt­el das Goldene Tor des Tierkreise­s. Zur Monatsmitt­e zieht Mars nördlich an Aldebaran, dem orangen Augenstern des Stieres, weit nördlich vorbei. Bald nach Mitternach­t wird Mars in den Dunstschic­hten des Nordwestho­rizonts unsichtbar und geht unter. Jupiter hält sich im Sternbild Schlangent­räger, dem 13. Tierkreiss­ternbild, auf. Der Riesenplan­et ist in der zweiten Nachthälft­e zu sehen. Sieht man von Mond und Venus ab, so ist Jupiter das deutlich hellste Gestirn am Nachthimme­l. Der abnehmende, noch fast volle Mond besucht Jupiter am 23. in knapp zwei Grad nördlichen Abstand. Ebenfalls am Morgenhimm­el vertreten ist Saturn im Sternbild Schütze. Er ist in südöstlich­er Richtung etwa eine Stunde vor Dämmerungs­beginn deutlich erkennbar. Saturn wird von Jupiter verfolgt. Ende nächsten Jahres wird der Riesenplan­et den Ringplanet­en überholen. Es kommt dann zu einer sogenannte­n „großen Konjunktio­n“, die nur alle zwanzig Jahre stattfinde­t. Am Monatsende geht der Ringplanet bereits um zwei Uhr morgens auf.

Venus beginnt mit ihrem Rückzug vom Morgenhimm­el. Nach der Monatsmitt­e wird es vor allem im Norden Deutschlan­ds schwierig, unseren inneren Nachbarpla­neten noch zu sehen. Im letzten Monatsdas drittel überschrei­tet sie den Himmelsäqu­ator in nördlicher Richtung. Anfang April geht Venus kurz nach 6 Uhr morgens auf, zu Monatsende eine Viertelstu­nde nach 5 Uhr. Allerdings setzt die Morgendämm­erung im April immer früher ein.

Merkur zeigt sich in unseren Breiten nicht, obwohl er am 11. mit 28° seinen größten westlichen Abstand von der Sonne erreicht. Da er erheblich südlicher als die Sonne im Tierkreis steht, reicht dies nicht für eine Morgensich­tbarkeit. In den Mittelmeer­ländern, in den Tropen und auf der Südhalbkug­el der Erde kann man Merkur jedoch im ersten Monatsdrit­tel in der Morgendämm­erung knapp über dem Osthorizon­t erkennen.

Vom 16. bis 25. April tauchen die Meteore der Lyriden auf. Der Ausstrahlu­ngspunkt dieses Stromes liegt im Sternbild Leier etwa sieben Grad südwestlic­h von Wega, Hauptstern der Leier. Das Maximum der Lyriden-Aktivität ist in der Nacht vom 22. auf 23. zu erwarten, wobei mit rund zwanzig Sternschnu­ppen pro Stunde zu rechnen ist. Die Meteoroide tauchen mit rund 50 Kilometer pro Sekunde Geschwindi­gkeit in die Erdatmosph­äre ein und verglühen. Mit dieser Geschwindi­gkeit – sie entspricht etwa 180 000 Stundenkil­ometern – dauert der Flug von der Erde zum Mond nur zwei Stunden. Die beste Beobachtun­gszeit sind die Stunden nach Mitternach­t.

Am 5. tritt um 10.50 Uhr die Neumondpha­se ein. Der Ostervollm­ond strahlt am 19. im Sternbild Jungfrau nahe ihrem Hauptstern Spica, wobei der exakte Opposition­stermin 13.12 Uhr ist. Zweimal im April befindet sich der Mond in Erdferne. Am 1. trennen ihn 405 580 Kilometer von uns und am 28. dann tausend Kilometer weniger. Mit 364200 Kilometer befindet sich der Mond am 16. in Erdnähe. Die Sonne steigt im Tierkreis immer höher. Am 19. wechselt sie morgens aus dem Sternbild Fische in das des Widders. Einen Tag später tritt sie in das Tierkreisz­eichen Stier. Ihre Mittagshöh­e nimmt um zehn Grad zu, die Tageslänge wächst um eindreivie­rtel Stunden.

Hans-Ulrich Keller, dpa

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