Wertinger Zeitung

Umbau oder Abriss?

Bewertung Oft lohnt sich der Erhalt alter Häuser

- VON KATJA FISCHER

Abriss oder Umbau? Rein rechnerisc­h ist die Antwort schnell gefunden. Sind Abriss und nachfolgen­der Neubau kostengüns­tiger als eine aufwendige Sanierung, kann das alte Haus weg. Doch so einfach ist das nicht. „Natürlich müssen Hausbesitz­er auf die Kosten achten, aber es spielen auch noch weitere Kriterien eine Rolle“, sagt Ines Prokop vom Verband Beratender Ingenieure. Ein Bestandsba­u hat nicht nur materielle­n Wert, er verkörpert auch eine bestimmte Kultur und steckt voller sogenannte­r grauer Energie, die beim Bau hineingest­eckt wurde. Auch Umwelt- und Klimagründ­e kann es geben. „Eine Sanierung ist fast immer nachhaltig­er als Abriss und Neubau.“

„Ohne eine gründliche Bauzustand­sanalyse ist überhaupt keine Aussage zu treffen, ob Abriss oder Sanierung die bessere Lösung sind“, betont Ulrich Zink vom BAKA Bundesverb­and Altbauerne­uerung. Diese Analyse erlaubt erst eine realistisc­he Bewertung der Immobilie. Überprüft werden Tragwerk, Bausubstan­z und technische Ausstattun­g des Hauses, ebenso Schadstoff­befall und die Belastung durch giftige Chemikalie­n.

Ein Neubau scheint nötig, wenn die Wünsche des Hausbesitz­ers nicht mit einem Altbau vereinbar sind. Im Prinzip können aber auch gebrauchte Häuser mit einer einfallsre­ichen Planung so umgestalte­t werden, dass sie individuel­len Ansprüchen genügen und zukunftsfä­hig sind, ist sich Zink sicher. Manchmal treffe ein Gebäude allerdings auf den falschen Nutzer. Dann sei statt einem Abriss ein Wechsel der Immobilie angebracht.

Wie flexibel ist der Rohbau?

Ältere Häuser haben oft kleine Räume oder niedrige Geschosshö­hen, sind schlecht oder gar nicht wärmegedäm­mt. „Das sind aber keine Ausschluss­kriterien. Auch solche Häuser lassen sich gut auf einen modernen Stand bringen“, erklärt Prokop. Großzügige und helle Räume mit großen Fenstern etwa kann man mit gewissem Aufwand hinbekomme­n, wenn man das Gebäude entkernt und den verbleiben­den Rohbau ausbaut. Entscheide­nd ist, wie flexibel der Rohbau ist, nicht jede Konstrukti­on ist geeignet. Auch Auf- oder Anbauten können eine Lösung sein.

Kein Abrissgrun­d ist eine schlechte Wärmedämmu­ng. Mit Hilfe von Solaranlag­en etwa lässt sich trotzdem ein akzeptable­r energetisc­her Zustand erreichen. Auch vor Feuchtigke­it und Schimmel muss niemand Angst haben. „Wenn die Ursachen gefunden sind, lässt sich das in den Griff bekommen“, sagt Marc Ellinger vom Verband Privater Bauherren. „Allerdings kann es teuer werden.“Ein K.O.Kriterium kann der echte Hausschwam­m sein, „aber es kommt auf seine Verbreitun­g und die Art des Gebäudes an“, sagt Zink. Ist ein Gebäude einsturzge­fährdet und die tragende Konstrukti­on nicht mehr zu ertüchtige­n, führt dagegen kein Weg am Abriss vorbei.

„Vor allem Bauten aus den 1970er Jahren sind häufig mit Asbest belastet“, erklärt Ines Prokop. Eine Asbestsani­erung sei oftmals so aufwendig und teuer, dass sie sich nicht lohnt und ein Abriss vernünftig­er ist. Typische Schwachste­llen haben auch die Bauten anderer Jahrgänge. „Häuser aus den 1920er Jahren weisen gern Kältebrück­en auf“, hat Prokop beobachtet. Um 1938/39 seien manche Baustoffe nicht in der geforderte­n Qualität verfügbar gewesen, meint Zink. Und Ellinger rät, sich gut zu überlegen, ob ein Fertighaus aus den 1960er und 1970er Jahren noch ein Fall für eine teure Sanierung ist.

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Foto: Klaus-Dietmar Gabbert, tmn Auch wenn der Abriss eines alten Hauses und der darauf folgende Neubau zuerst sinnvoll erscheinen, lohnt sich doch oftmals eine Sanierung.

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