Die Zahl der Drogentoten steigt wieder
Soziales Seit Jahren sterben im Raum Augsburg außergewöhnlich viele Menschen an den Folgen ihres Drogenkonsums. Und das, obwohl die Polizei in Bayern zuletzt Erfolge im Kampf gegen Rauschgiftkriminalität gemeldet hat
Region Zuletzt waren die Nachrichten zu dem Thema mal eher positiv. So konnte man kurz vor dem Jahreswechsel lesen, dass die Anzahl der Drogentoten im Freistaat 2018 erstmals seit Jahren wieder zurückgehen werde. Seit 2011 war diese Zahl stetig gestiegen, entsprechend außergewöhnlich war die Nachricht. Und dann war da noch ein Ermittlungserfolg, den das Landeskriminalamt kürzlich vermeldete: Es sei ein „bedeutsamer Schlag“gegen einen Drogenhändlerring gelungen, hieß es in einer Mitteilung.
Eine Gruppierung soll in den vergangenen Jahren über eine Tonne Drogen an mehr als 20000 Kunden verkauft haben. Über dutzende Online-Shops veräußerten sie nach Erkenntnissen des LKA über das Internet sogenannte „Kräutermischungen“, was harmlos klingt. In Wahrheit, so das LKA, steckten dahinter aber keine harmlosen Kräuter, sondern gefährliche Substanzen, sogenannte „Neue psychoaktive Stoffe“. Alleine der mutmaßliche Haupttäter, ein 32-jähriger Mann, soll mit dem Handel in nur einem Jahr mehr als eine Million Euro umgesetzt und sich davon in München ein Luxusleben finanziert haben. Damit ist es mittlerweile vorbei: Seit einem Jahr sitzt er in U-Haft, wie vier weitere Beschuldigte auch.
Und in Augsburg? Hier waren eben jene „Kräutermischungen“in jüngerer Vergangenheit zu einem großen Problem geworden. Sie hatten mit dafür gesorgt, dass allein im Jahr 2016 in der Region 42 Menschen an den Folgen ihres Drogenkonsums gestorben waren. Es war der höchste Wert seit fast 20 Jahren. 2017 immerhin hatte es dann einen deutlichen Rückgang gegeben auf nunmehr 27 Drogentote im Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Nord, der neben dem Großraum Augsburg auch die Landkreise Dil- lingen und Donau-Ries umfasst. In Bezug auf 2018 aber ist vom bayernweiten Positivtrend in der Region Augsburg allerdings nichts zu merken: 33 Rauschgift-Todesfälle notierten die Ermittler der Kriminalpolizei im vergangenen Jahr: 23 davon in Augsburg, drei im Landkreis Augsburg, zwei im Kreis AichachFriedberg. Das ist innerhalb der letzten zehn Jahre der zweithöchste Wert nach 2016. 2012 und 2013 etwa waren es jeweils 15 gewesen.
Nach Ansicht der Drogenhilfe Schwaben hat sich die Situation um die Drogenkonsumenten in der Region zuletzt nicht erheblich verbessert. Es handele sich bei den Betrof- fenen oft um Menschen, die mit der Gesellschaft nicht mithalten könnten, sagt Uwe Schmidt von der Drogenhilfe. Es sei beispielsweise für sie schwierig, eine Wohnung zu finden; auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt sei für die Betroffenen problematisch.
Die „neuen psychoaktiven Substanzen“seien seit Jahren ein Thema, ebenso das Schmerzmittel Fentanyl. Man merke auch, dass Heroin keineswegs aus der Welt sei, sondern im Gegenteil gerade von jüngeren Suchterkrankten wieder vermehrt konsumiert werde, sagt Schmidt. Die Zahl der Drogentoten sei deshalb seit Jahren auf hohem Niveau. Dass manche Drogen problemlos über das Internet bestellt werden können, sei zudem eine spezielle Herausforderung.
Für mehr als 30 dieser OnlineShops war nach Erkenntnissen des Landeskriminalamtes eben jene Gruppierung um den 32-jährigen Mann verantwortlich. Das Ermittlungsverfahren richtet sich gegen 42 Beschuldigte, darunter Menschen, über deren Konten das illegal erworbene Geld gewaschen worden sein soll.
Dass bei 20000 Abnehmern auch Drogenkonsumenten aus dem Raum Augsburg dabei waren, darf als wahrscheinlich gelten, bestätigen konnte es das LKA auf Anfrage zunächst nicht.
Die Augsburger Polizei betont, dass in den meisten Fällen „MischIntoxikationen“hinter den Todesfällen stehen – das heißt, dass Suchterkrankte mehrere Drogen durcheinander nehmen, was ihr ohnehin geschwächter Körper dann nicht mehr verkraftet. Das Durchschnittsalter der Drogentoten in der Region war 2018 mit 41 Jahren vergleichsweise hoch, was dafür spreche, dass die Verstorbenen oft langjährige Konsumenten waren. Bei Untersuchungen nach dem Tod habe sich bei ihnen oft eine ganze Palette von Stoffen nachweisen lassen.