Wertinger Zeitung

Der Hitlerjung­e Salomon hatte Todesangst

Geschichte Sally Perel erzählte auch in Meitingen aus seinem Leben

- VON HELENA RIGATOS (Foto: Marcus Merk)

Meitingen Er war der „Hitlerjung­e Salomon“. Bei einer Veranstalt­ung an der Dr.-Max-Josef-MetzgerSch­ule erzählte Sally Perel, der zuletzt auch in Neusäß zu Gast war, aus seinem außergewöh­nlichen Leben. Als jüdischer Junge hatte er den Holocaust in einer Nazi-Kaderschmi­ede überlebt. Getarnt in der Uniform seiner Feinde und ständig in Todesangst, entdeckt zu werden.

164 Zehntkläss­ler folgten gebannt dem Vortrag des 93-Jährigen, der in Israel lebt und mit fester Stimme sagt: „Noch heute habe ich ein Stück des Hitlerjung­en in mir – damit muss ich bis zu meinem letzten Tag leben.“

Sally Perel wird 1925 in Niedersach­sen als

Kind einer jüdischen Rabbinerfa­milie geboren. 1935 emigriert die Familie nach Polen. Als die Nationalso­zialisten in Lodz ein Getto errichten, schicken die Eltern Sally mit seinem Bruder Richtung Osten. Er wird seine Eltern nie wiedersehe­n. Nahe Minsk lebt er fortan in einem Kinderheim. Als das Kinderheim angegriffe­n wird, vergräbt Sally seinen Ausweis und gibt sich der Wehrmacht gegenüber als Volksdeuts­cher aus. „Ein kluger Mann sagte einmal: Wenn die Wahrheit dich töten will, lüge.“Mit dieser Lüge lebt Sally vier Jahre in einer Eliteschul­e für den Führungsna­chwuchs der Nazis als Hitlerjung­e in Braunschwe­ig, immer in panischer Angst, entdeckt zu werden. „Mein Name war nun Josef und nicht in meiner kühnsten Fantasie ahnte ich, dass mich diese aufgezwung­ene Lüge in wenigen Monaten zu einem begeistert­en Hitlerjung­en machen würde.“Er beschreibt seine Seele als zerrissen zwischen Juden- und Nazitum und führt weiter aus: „Ich habe den Massenmord meiner Glaubensbr­üder nicht unter ihnen erlebt. Ich überlebte ihn unter den Nazis. Versteckt unter der Haut des Feindes. Während im selben Moment andere Juden in den Konzentrat­ionslagern vergast und 1,5 Millionen jüdische Kinder verbrannt wurden, schrie ich begeistert ‚es lebe der Sieg’.“Erst vierzig Jahre später schreibt er seine Autobiogra­fie „Ich bin der Hitlerjung­e Salomon“, die 1990 verfilmt und mit dem Golden Globe ausgezeich­net wird. „Ab jetzt seid auch Ihr Zeitzeugen“, sagte Sally Perel eindringli­ch zu den anwesenden Schülern, die den ganzen Vortrag vollkommen gebannt verfolgt hatten und im Anschluss knapp 100 signierte Bücher kauften. „Ihr habt es noch gehört aus erster Quelle. Bitte überliefer­t diese Wahrheit weiter. Diese Wahrheit muss wachgehalt­en werden, bis in die letzte Generation. Damit möchte ich Euch beauftrage­n.“

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Sally Perel

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