Auf hohem Ross ins Abseits
Europäische Solidarität fordert Deutschland immer gerne ein. Wenn es dagegen darum geht, selbst Solidarität mit den europäischen Partnern zu zeigen, hält sich Deutschland oft zurück. Denn mit der Moral ist schnell Schluss, wenn es um das eigene Interesse geht. So hat sich Deutschland über alle Bedenken nicht nur der östlichen EU- und Nato-Partner hinweggesetzt und beharrt auf der umstrittenen Pipeline Nord Stream 2.
Im Falle der Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien stellt die Bundesregierung, namentlich die SPD, nun wieder die Moral in den Vordergrund. Dabei steht außer Frage, dass es gute Gründe gibt, keine Kriegswaffen an ein Regime zu liefern, das im Jemen tief in einen blutigen Bürgerkrieg verwickelt ist und das offenbar den Journalisten Dschamal Kaschoggi ermorden ließ.
Leider gibt es in der Politik eben meist nicht nur die moralische Seite. So überwiegt in Frankreich oder Großbritannien noch die Einstellung, die bis vor kurzem auch in Deutschland vorherrschte. Dass Saudi-Arabien nämlich trotz aller berechtigten Kritik ein wichtiger Verbündeter in einer instabilen Region ist. Und Waffenexporte auch Arbeitsplätze sichern. Entsprechend groß ist der Ärger, wenn deutsche Politiker vom hohen moralischen Ross herunter die Ausfuhr von gemeinsam entwickelten und produzierten Waffensystemen verhindern.
Als Konsequenz droht, dass kein Land künftig mehr mit Deutschland in der Rüstung kooperieren will. Es wäre fatal, wenn die Bundesrepublik auf hohem Ross direkt ins sicherheitspolitische Abseits galoppieren würde.