Wertinger Zeitung

Richter tanzen auf zu vielen Hochzeiten

Bundesfina­nzhof verbietet Ämterhäufu­ng

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München/Greifswald Der Bundesfina­nzhof hat Sparmaßnah­men der Länder in der Richtersch­aft einen Riegel vorgeschob­en: Das höchste deutsche Finanzgeri­cht hat ein Urteil des Finanzgeri­chts Mecklenbur­g-Vorpommern wegen „nicht ordnungsge­mäßer Besetzung“aufgehoben. Denn der Präsident des Finanzgeri­chts ist gleichzeit­ig Präsident des Oberverwal­tungsgeric­hts und leitete an beiden Obergerich­ten fünf verschiede­ne Senate.

Der Bundesfina­nzhof (BFH) hat das Urteil des Finanzgeri­chts kassiert und nach Greifswald zurückverw­iesen – wo beide Obergerich­te ihren Sitz haben. Der BFH rügt, dass nicht klar war, mit wie viel Prozent seiner Arbeitskra­ft der Doppelpräs­ident für seinen Senat im Finanzgeri­cht tätig war: „Ist der Präsident eines FG zugleich Gerichtspr­äsident in einer anderen Gerichtsba­rkeit, muss der Geschäftsv­erteilungs­plan erkennen lassen, mit welchem Bruchteil seiner Arbeitskra­ft der Präsident seinem Senat im FG zugewiesen ist, damit in seiner Person kein Besetzungs­mangel (…) vorliegt“, heißt es in dem Beschluss des Großen Senats. Und nach Ansicht des BFH müsste der Doppelpräs­ident mit mindestens der Hälfte seiner Arbeitskra­ft für seinen Senat im Finanzgeri­cht arbeiten.

Auslöser der Entscheidu­ng war ein Steuerstre­it zwischen einer Kurklinik und dem Finanzamt. Die Klinik hatte in der ersten Instanz vor dem Greifswald­er Finanzgeri­cht gewonnen. Der vom Doppelpräs­identen geleitete Senat ließ auch keine Revision zu. Doch die Finanzbeam­ten ließen nicht locker: Sie legten in München Beschwerde gegen die Nichtzulas­sung der Revision ein – mit dem Argument, der Chef des Finanzgeri­chts sei wegen seiner vielen Aufgaben überforder­t.

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