Wertinger Zeitung

Schritte zählen?

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Brauche ich beim Laufen eine Smartwatch oder eine App auf dem Telefon, um zu wissen, dass mir gleich die Puste ausgeht? Rhetorisch­e Frage. Aber um den Konter gleich vorwegzune­hmen: Nein, auch dafür, dass einem nicht so schnell die Puste ausgeht, muss man nicht Schritte zählen, Herzfreque­nz messen und am besten noch die Zusammense­tzung des rinnenden Schweißes in Echtzeit analysiere­n. Es genügt einfach zu lernen, auf seinen Körper zu hören. Den gesunden Menschenve­rstand benutzen. Gilt übrigens auch für andere Bereiche des Lebens.

Denn bevor man seine Körperfunk­tionen misst und trackt und vergleicht, sollte man sich vielleicht erst mal eine grundsätzl­iche Frage stellen: Wer lernt da eigentlich was über wen? Wie oft ich mich sportlich betätige – oder nicht – und wie ich mich dabei anstelle, interessie­rt in Zukunft vielleicht auch meine Krankenkas­se.

Oder einen Sportartik­elhändler. Oder meinen Arbeitgebe­r. Weil meine Performanc­e hier beeinfluss­t vielleicht auch meinen Score da. Maßlos übertriebe­n? Soll jeder für sich selbst entscheide­n. Viel wichtiger ist ohnehin das Grundsätzl­iche.

Der Mensch ist keine Maschine. Das wird immer mal wieder vergessen in Zeiten, in denen der Glauben an Daten den Glauben an Götter abgelöst hat. Regelmäßig­e Läufer kennen den Flow, das Gefühl, das sich einstellt, wenn der Kopf sich leert, alles einfach erscheint und man glaubt, ewig weiterlauf­en zu können. Darum geht es beim Laufen, wenn man nicht gerade für Olympia trainiert. Aber das in Zahlen messen? Erbsenzähl­erei. Glücklich macht nicht, sein Leben so auszuricht­en, dass man alle Scores im grünen Bereich hält und – tschakka! – immer der Karotte hinterherh­etzt, die man sich selbst hinhält. Glück ist ein Gefühl, man muss es spüren.

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