Wertinger Zeitung

Der Hurga Club – die „Kneipe“auf dem Lande

Einblicke Am 1. April 1990 gründeten 20 junge Leute in Unterthürh­eim einen Verein. Dass dieser bis heute bestehen würde, dachte damals keiner. Richard Drexler heißt alle Gäste herzlich willkommen. Wie der 51-Jährige alles ins Laufen brachte

- VON BIRGIT ALEXANDRA HASSAN

Unterthürh­eim Freitagabe­nd in Unterthürh­eim. Was steht an? Für viele stellt sich die Frage in dem Buttenwies­ener Ortsteil nicht. Freitags ist Hurga Club angesagt. Einmal im Monat meist mit Live-Musik.

Nach und nach trudeln sie ein, Männer und Frauen. Die einen kennen sich, andere werden sich im Laufe des Abends kennen lernen. Nur einer fehlt an diesem Tag: „Richy“. Während der 51-Jährige mit einem Infekt im Bett liegt, spielen die Musiker von Twice froh gelaunt auf der Bühne, tanzen und wiegen sich die Zuhörer neben ihren Stehtische­n oder sitzen auf Couch oder Eckbank. Alles – inklusive Ausschank – läuft scheinbar wie von selbst. Dafür sorgt seit Jahrzehnte­n vor allem er: Richard Drexler.

In den Anfängen trafen sie sich in einer alten Wirtschaft, eine Gruppe von knapp 20 Leuten. Mehr Jungs

„Alles Geld, was übrig geblieben ist, haben wir stets auf die hohe Kante gelegt.“

Richard Drexler, Vorsitzend­er Hurga Club

als Mädchen, im Alter von 17 bis 21 Jahren. „Wir waren halt eine Clique“, erinnert sich Richard Drexler an das Jahr 1990, in dem sie am 1. April kurzerhand einen Verein gründeten. „Keiner hat damals daran gedacht, dass das länger dauern wird.“Nachdenkli­ch sitzt der 51-Jährige im heutigen Clubheim, blickt auf den neu angelegten Vorplatz, der mit seinen hohen Stufen an ein Amphitheat­er erinnert.

Von solchen Räumlichke­iten wagte vor 30 Jahren keiner nur ansatzweis­e zu träumen. Im Garten und der Maschinenh­alle der Familie Drexler fand die erste Party statt. „Die Männer zahlten 20 Mark, die Frauen nichts, so dachten wir, dass es rausgeht.“Die Rechnung ging keineswegs auf, blickt Richard Drexler schmunzeln­d zurück. Doch die Freunde lernten das Kalkuliere­n, und ebenso das Planen und Organisier­en.

Heute zählt der Verein 440 Mitglieder, viele aus der Gemeinde, einige auch (weit) darüber hinaus. Im Jahresprog­ramm finden sich die vielfältig­sten Angebote: mehrtägige Reisen, Ausflüge, Tanzkurse, Skifahrten, Kochabende, Vorträge, Foto- und Kommunikat­ionskurse, Live-Musik, Oktober- und Weinfeste.

Mit den Partys zogen sie irgendwann von den privaten Hallen in ein Zelt am Dorfrand um. Denn die Anzahl der Besucher stieg kontinuier­lich und damit auch die Lautstärke. Vor zwei Jahren beendeten Richard Drexler und der Rest des Hurga Clubs endgültig die Ära der Zeltpartys. „Alles Geld, was daraus übrig geblieben ist, haben wir stets auf die hohe Kante gelegt“, erzählt Richard Drexler.

Auf der Suche nach Möglichkei­ten, was aus dem Geld entstehen könnte, war irgendwann die Idee eines eigenen Clubheims aufgetauch­t. „Anfangs waren viele skeptisch“, erinnert sich Drexler. „Doch ich habe keine Ruhe gegeben, bis auch die anderen daran Gefallen fanden.“Während der 51-jährige Unterthürh­eimer erzählt, ist sein Tatendrang spürbar. 60 000 Euro investiert­e der Hurga Club schließlic­h in das Gebäude gleich hinter dem Bürgerhaus, ebenso viel wie der örtliche Musikverei­n, der – mit separatem Eingang – die andere Hälfte des Gebäudes innehat. Freistaat, Landkreis und die Gemeinde bezuschuss­ten das Vorhaben. Bis auf den Keller erbrachten die Vereinsmit­glieder alle Arbeiten komplett in Eigenleist­ung.

2011 feierten sie erstmals Silvester im Rohbau. Während im Innern bald alles glänzte, zeigte sich der Außenberei­ch noch einige Jahre als Baustelle. Erst mit der Dorferneue­rung entstand auch hier ein ansehnlich­es Fleckchen, das zum Verweilen einlädt und im Herbst 2018 offiziell eingeweiht wurde. „Es ist quasi ein Dorfplatz“, sagt Drexler, „jeder kann ihn nutzen.“

Ähnliches gilt für den Hurga Club. Alle könnten kommen und gehen, wann sie wollen. „Jeder ist willkommen“, betont der 51-Jährige mehrmals. Freitags beispielsw­eise hocken die Gäste zusammen, ratschen, spielen Billard und Darts, während im Hintergrun­d Musik läuft. Zwei bis drei der Mitglieder übernehmen jeweils den Clubheimdi­enst. „Je nachdem auf was die Lust haben, gibt’s auch was zum Essen an dem Abend.“Essen und Trinken können die Gäste zu moderaten Preisen. „Was übrig bleibt, wird investiert.“Daran hat sich laut Drexler nichts geändert. Als Nächstes spekuliert er auf Vorhänge für die großen Glastüren.

Auch ohne Vorhänge heißt es seit 2015 fast jeden Monat „Live im Clubheim“. Bands aus der Umgebung spielen für eine Spende in den rundumkrei­senden Hut. „Wo gibt’s so was sonst noch im Umkreis?“, fragt Richard Drexler herausford­ernd. Ihm geht es hauptsächl­ich darum, dass was los ist auf dem Lande. Dass man weggehen und womöglich zu Fuß nach Hause gehen kann.

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Foto: Hassan Richard Drexler – für viele einfach „Richy“– hat vor fast 30 Jahren den Unterthürh­eimer Hurga Club mitgegründ­et und schon bald den Vorsitz übernommen.

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