Spielwiese für Kunst und Jazz
Ausstellung Bei der Vernissage zeigt sich: Wertingen ist besonderes „Kulturnest“
Wertingen „Wer viel Musik hört, landet irgendwann mal beim Jazz“– Bürgermeister Willy Lehmeier eröffnete gestern Vormittag die neue Ausstellung in der städtischen Galerie. Dabei schlug er den Bogen von der Wertinger Jazz-Combo (Florian Hirle, Magnus von Zastrow und Helmuth Baumann) hin zu den Bildern an der Wand. Mit der Kunst verhalte es sich ähnlich wie mit der Musik. Wie viel Jazz steckt also in den Werken von Julia Steinberg, Walter Geggerle und Florina Coulin? Flora Nieß, promovierte Kunstwissenschaftlerin, erklärte in ihrer Laudatio die unterschiedliche Herangehensweise der Künstler. Die Tradition der Landschaftsmalerei reiche weit zurück. Bis heute sei es die Landschaft, die gerade in der Kunst schier unbegrenzte Möglichkeiten bietet, gar zur Spielwiese wird. „Die Arbeiten sind sich in einem Punkt einig. Keine sucht nach einer realistischen oder naturalistischen Darstellung“, wies Nieß auf die abstrahierten Landschaftsdarstellungen hin. Bei Julia Steinberg, Stipendiatin der Stadt Wertingen, steht die Farbe im Vordergrund. Landschaft ist scheinbar nur das Vehikel für Farbe und Form. „Kunsthistorisch“, so Nieß, „findet man diese Ideen bereits bei berühmten Vertretern des Konstruktivismus wie Kasimir Malewitsch.“Doch bei aller Abstraktion zeigten ihre Arbeiten Landschaften, nämlich Farblandschaften.
Walter Geggerle, 1980 verstorben, suchte sichtbar nach den Effekten des natürlichen Lichts, das die Farben und die Landschaft erst zu dem mache, was sie seien. Er malte sie mit immenser Offenheit in der Komposition. Nieß: „Exzessiv, mit kraftvollen, fast schon mit Gewalt ausgeführten Strichen.“Cezanne zum Vorbild, nutzte Geggerle Landschaft als Motiv für den Umgang mit Farbe und Linienführung. Der Künstler malte Beschauliches Meer, Hügel, Bäume. Dabei trug er die Ölfarben pastös und gleichzeitig intensiv auf. Auf den ersten Blick erkennt man eine wilde Unordnung von Linien, denen die schnelle und kräftige Pinselführung noch anzusehen ist. Dahinter verberge sich allerdings Ruhe und Beschaulichkeit der Landschaftsansicht.
Auch Florina Coulin malt wie Geggerle in der Tradition der „Plein Air“, des Malens im Freien. Ihre Herangehensweise unterscheidet sich jedoch völlig. „Man könnte sie als Medium bezeichnen“, beschreibt Nieß die Künstlerin. Was sie mit Wasserfarben malt, sei nicht die Abstraktion der Landschaften selbst, sondern vielmehr eine Synthese ihrer Sinneseindrücke und eigenen Stimmungen. Die besondere Atmosphäre, die in den Galerieräumen zu spüren war, nahm Coulin zum Anlass, den Besuchern, unter ihnen Landtagsabgeordneter Georg Winter und stellvertretender Landrat Schneid, sowie den Verantwortlichen der Stadt zu danken. „Sie haben hier ein außergewöhnliches Nest der Kultur geschaffen.“
Wie gut Jazz und Malerei harmonieren, konnten die Besucher am Ende selbst entdecken, während Gitarrenund Saxofonklänge die Räume fluteten.
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Ausstellung: Rund 100 Werke sind in der städtischen Galerie (Schulstraße 10) bis Sonntag, 28. April, zu sehen. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 8 bis 12, Montag bis Donnerstag 14 bis 17 und Sonntag 14 bis 17 Uhr. Führungen: 14. April ab 15 Uhr (mit Kindern) und 28. April mit Julia Steinberg.