Grindel allein in der Schlangengrube
Fußball Nach einem weiteren Fehltritt machen Gerüchte über einen Abtritt des DFB-Präsidenten die Runde
Frankfurt am Main Für Fußball-Glamour hat Reinhard Grindel gerade wenig Zeit. Schon vor dem geplanten Wiedersehen mit seinem Kindheitsidol Uwe Seeler bei der Gala zur Einweihung der deutschen FußballRuhmeshalle in Dortmund kämpfte der DFB-Präsident in mühseliger Hinterzimmer-Diplomatie um seinen Job. Viele Telefonate führte Grindel, so erzählten es FußballFunktionäre aus dem ganzen Land.
Nach den Vorwürfen, dass er Zusatzeinkünfte über 78000 Euro als Aufsichtsratschef der DFB-Medien-Verwaltungsgesellschaft in den Jahren 2016 und 2017 nicht publik gemacht habe, muss der 57-Jährige dringend herausfinden, auf wen er künftig überhaupt noch zählen kann. Heftigen Widerstand gebe es gegen Grindel, wird kolportiert und berichtet. Nur: Öffentlich reden will noch niemand.
Die Presseabteilung des Verbandes versicherte, dass er bei seinem Amtsantritt korrekte Auskünfte über seine Einkünfte gemacht habe. Den gut dotierten Aufsichtsratsposten trat er drei Monate später an. Aus DFB-Kreisen heißt es nun in Anerkennung der offenbar prekären Lage ungewöhnlich deutlich: „Das Eis ist dünn.“
Eine angeblich geplante außerordentliche Präsidiumssitzung wurde aber auch am Montag weiterhin nicht bestätigt.
Im komplizierten deutschen Fußball-Geflecht mit den Interessen der Amateurverbände und der Profi-Vertreter – gern als Schlangengrube bezeichnet
– hat der einstige Berufspolitiker keine natürlichen Verbündeten. In der nun aufkommenden Diskussion um einen freiwilligen oder erzwungenen Amtsverzicht statt Wiederwahl beim DFB-Bundestag am 27. September schwingt weiter die große Frage mit: Wer sollte den Job dann machen? Ein Königsmörder ist nicht in Sicht. Ligapräsident Reinhard Rauball, 72, hat die Altersgrenze von 70 Jahren überschritten, sein Vize Peter Peters, 56, glänzte noch nicht durch präsidiales Charisma. Amateur-Boss Rainer Koch, 60, gilt als rotes Tuch für die Profi-Klubs. Reflexartig wird wie nach Grindels miserablen Management der Erdogan-Affäre schon nach Philipp Lahm gerufen.
Interpretiert man die Stimmen aus dem Fußball-Land richtig, kommen die Grindel-Gegner vor allem aus dem Profibereich. Dort ist man genervt von den Managementfehlern und medialen Eigenheiten des DFB-Chefs, der wie jüngst in der Diskussion um die Ausmusterung von Thomas Müller, Mats Hummels und Jérôme Boateng seine Kritik am Kommunikationsstil von Bundestrainer Joachim Löw selbst schnell wieder relativeren musste – kein Einzelfall in der Grindel-Amtszeit.