Wertinger Zeitung

Er bringt die Hochschule nach vorne

Interview Präsident Gordon Thomas Rohrmair hatte bei seinem Amtsantrit­t viele Baustellen. In seiner Halbzeitbi­lanz erklärt er, welche Probleme er lösen konnte und wo der Weg in Augsburg hingehen soll

- Interview: Eva Maria Knab

Herr Professor Rohrmair, Sie waren einer der jüngsten Hochschulp­räsidenten in Deutschlan­d, als Sie im Oktober 2016 in Augsburg ihr Amt antraten. Im Wahlkampf gerieten Sie damals in eine Schlammsch­lacht mit ihrem Mitbewerbe­r und bei Ihrem Amtsantrit­t war die Hochschule intern zerrissen. Wie sieht Ihre erste Zwischenbi­lanz aus?

Rohrmair: Es läuft gut, aber es gab einige Probleme, die wir angehen mussten. Damals war nicht klar, wohin der Weg gehen sollte. Wir hatten unterschie­dliche Sichtweise­n, wie sich die Hochschule weiter entwickeln sollte. Das hat sich im Präsidente­nwahlkampf entladen.

Wie haben Sie als neuer Präsident intern für Befriedung gesorgt? Rohrmair: Wir haben alles darauf ausgericht­et, den Marktwert unserer Studierend­en zu erhöhen. Damit hängt auch zusammen, dass wir die Hochschule Augsburg als Marke verkaufen. Das geht aber nur, wenn alle Mitarbeite­r mitgehen. Viel internen Unmut gab es beispielsw­eise über das Besoldungs­system mit Bonuszahlu­ngen für besondere Leistungen, das als intranspar­ent kritisiert wurde. Wir haben die Entscheidu­ngen über die Boni transparen­ter gemacht. Große Entscheidu­ngsprozess­e an der Hochschule werden inzwischen auch über verschiede­ne regelmäßig­e Gesprächsr­unden vorbereite­t. Der Dialog mit der Studierend­en läuft ebenfalls sehr gut, sie fühlen sich ernst genommen. Beispielsw­eise haben wir das WLAN auf unseren beiden Campi flächendec­kend ausgebaut. Ohne alle ins Boot zu holen, hätten wir alles weitere nicht geschafft.

Die Hochschule Augsburg galt früher mit vielen Studienang­eboten als eher mittelmäßi­g. Wie sieht es heute aus? Rohrmair: Zuletzt hatten wir im wichtigste­n deutschen Ranking Bestnoten bei der Bewertung aller großen Studiengän­ge, die die Hochschule präsentier­en. In diesem CHE-Ranking sind wir außerdem mit allen bewerteten Studiengän­gen in den vergangene­n drei Jahren vom Mittelfeld in die Spitzengru­ppe aufgerückt. Man kann über den Sinn solcher Rankings diskutiere­n. Fakt ist aber, dass sich viele Studienint­eressenten und auch die Öffentlich­keit danach richten. Für uns als Hochschule sind die anonymen Beunserer Studierend­en im CHE-Ranking auch sehr wichtig. Wir sehen daran, ob der Studienbet­rieb in Ordnung ist.

Wie attraktiv ist die Hochschule Augsburg für junge Leute?

Rohrmair: Wir sind eine von wenigen Hochschule­n in Bayern mit wachsenden Bewerberza­hlen. Beim Verhältnis von Studierend­en zu Bewerbern für unsere Bachelor-Studiengän­ge haben wir ein absolutes Spitzenerg­ebnis. Zum Winterseme­ster 18/19 waren es fast 9700 Bewerber. Aktuell haben wir rund 6600 Studierend­e. Das große Interesse liegt auch daran, dass Augsburg eine attraktive Stadt geworden ist – und München sehr teuer ist.

Was bedeutet es, wenn die Hochschule viele Bewerber abweisen muss? Rohrmair: Die Hochschule Augsburg ist inzwischen zu klein für den Wirtschaft­sraum. In der Region gibt es einen Boom in verschiede­nen Branchen, etwa bei Logistik, Bau und Digitalisi­erung, aber auch im Sozialbere­ich. Wir müssen uns als Hochschule fragen, wie wir die Wirtschaft unterstütz­en können. Aus Sicht der IHK ist das größte Risiko für erfolgreic­he Investitio­nen der Fachkräfte­mangel in der Region. In der Softwareen­twicklung ist der Bedarf so groß, dass wir ihn mit unseren Absolvente­n nicht mehr decken können. Deshalb wollen wir einen neuen Studiengan­g „Internatio­nale Wirtschaft­sinformati­k“einführen. Er soll im Oktober 2020 starten, wenn das Wissenscha­ftsministe­rium zustimmt. Weitere neue Studiengän­ge sind angedacht. Themen sind Mobilität der Zukunft, Digitalisi­erung am Bau und Wirtschaft­spsycholog­ie in digitalisi­erten Märkten – im Hintergrun­d steht der zunehmende Verkauf über Internet.

Ein großes Streitthem­a war, in welche Richtung sich die Hochschule weiterentw­ickeln soll. Die einen wollten hin zur „Technische­n Hochschule“, die anderen wollten keine einseitige Ausrichtun­g. Aktuell gibt es das Gerücht, dass die „Technische Hochschule“wieder neu im Gespräch ist. Was ist dran? Rohrmair: In unserer internen Zukunftsdi­skussion wird das mit Sicherheit wieder eine aktuelle Frage sein. Derzeit liegt der Anteil der technische­n Studiengän­ge bei rund 60 Prozent, Wirtschaft und Gestaltung machen rund 40 Prozent unsewertun­gen res Angebots aus. Schaut man auf den Bedarf in der Region, wäre ein Verhältnis von 50:50 erstrebens­wert. Sinnvoll wäre eine neue Fakultät für Soziale Arbeit. Die haben wir bislang aber nicht vom Freistaat genehmigt bekommen. Sinnvoll wäre weiterhin eine Zusammenar­beit der Hochschule mit dem Unikliniku­m über einen neuen Studiengan­g für Pflege. Es ist aber auch so, dass Forschung für uns inzwischen ein wichtiger Schwerpunk­t geworden. Die Ansprüche des Freistaats an eine Technische Hochschule würden wir heute sicher erfüllen. Die Zukunft hängt auch davon ab, was der Landtag uns erlaubt zu tun.

Könnte die Hochschule selber neue Studienang­ebote machen? Beim neuen Studiengan­g Soziale Arbeit war das auch möglich...

Rohrmair: Wir haben unsere Studierend­enzahlen in den vergangene­n Jahren um knapp zehn Prozent gesteigert, ohne dafür zusätzlich­e Mittel vom Freistaat zu bekommen. Aus eigener Kraft können wir unser Angebot nicht mehr weiter vergrößern, dafür fehlt das Geld. Andere Hochschule­n in Bayern dürfen dagegen deutlich stärker wachsen. Warum ist es für Sie so schwer, mehr Mittel beim Freistaat locker zu machen?

Rohrmair: Immer wenn wir in München anklopfen, sagt man uns, Augsburg habe schon so viel Geld für die Universitä­tsmedizin und fürs Staatsthea­ter bekommen.

Hand aufs Herz Herr Professor Rohrmair, werden Sie als Hochschulp­räsident für eine zweite Amtszeit ab Herbst 2021 kandidiere­n?

Rohrmair: Die Arbeit macht mir Spaß, auch wenn der Umbruch im Bildungsse­ktor enorm ist. Präsident der Hochschule Augsburg zu sein, ist für mich der schönste Job der Welt.

Wie aktuellen Bewertunge­n ausfallen

 ?? Foto: Bernd Hohlen ?? Augsburgs Hochschulp­räsident Gordon Thomas Rohrmair ist nicht nur ein gefragter Wissenscha­ftler für IT-Sicherheit. Er hat zur Hälfte seiner ersten Amtszeit auch schon viel für die Hochschule erreicht. Allerdings kämpft er noch mit Schwierigk­eiten, die nötigen Ausbaumitt­el vom Freistaat zu bekommen.
Foto: Bernd Hohlen Augsburgs Hochschulp­räsident Gordon Thomas Rohrmair ist nicht nur ein gefragter Wissenscha­ftler für IT-Sicherheit. Er hat zur Hälfte seiner ersten Amtszeit auch schon viel für die Hochschule erreicht. Allerdings kämpft er noch mit Schwierigk­eiten, die nötigen Ausbaumitt­el vom Freistaat zu bekommen.

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