Mit Alzheimer richtig umgehen
Vortrag Altersforscher Marcello Cofone informiert, kritisiert und unterhält in Dillingen. Was gegen die Demenz-Erkrankung hilft
Dillingen Der renommierte Altersforscher Marcello Cofone fordert nichts Geringeres als einen raschen Systemwechsel bei Erkennung wie Behandlung von Demenzerkrankungen. Vor einem 80-köpfigen Publikum im Vortragssaal beim Seniorenheim „Heilig-Kreuz-Stift“sprach sich der Experte für ein Umdenken etwa bei der am häufigsten auftretenden Form namens Alzheimer aus. „Wir müssen weg von diesem allseits gepflegten Angstsymptom Alzheimer und der verbreiteten Ansicht, zu wenig darüber zu wissen und kaum etwas dagegen tun zu können“, kritisierte der DiplomPsychogerontologe zweieinhalb Stunden lang die seiner Einschätzung nach falsche Herangehensweise in der Medizin.
Ohne dabei anklagend zu wirken, knöpfte sich der Branchenkenner in ruhiger aber entschiedener Weise alle Protagonisten im Gesundheitsbetrieb vor. Dabei schonte Marcello Cofone weder Haus- oder Fachärzte, noch Heilungsstätten, Krankenkassen und Gesundheitspolitiker. „Bei der Diagnostik mit zu viel zu wenigen Ansätzen verharrt man immer noch in einer veralteten Weltvorstellung, aber die Sonne dreht sich nun mal nicht um die Erde“, schloss der Mann aus Bad Tölz mit einem Hauch von Zynismus seine von den Gästen begeistert aufgenommenen Thesen. Am Ende stand das Konzept von einer Art ganzheitlichen „integrativen Therapie von Alzheimer“. „Die müssen Sie aber selbst bezahlen, dafür gibt es keinen Krankenschein, weil das im herkömmlichen System so nicht vorgesehen ist.“Zu Beginn hatte Cofone zu einer „mentalen Abkehr von der bösen Krankheit“geraten, die Angst mache und nach so Negativem wie Hoffnungslosigkeit klingen würde. „Das Thema ist überall präsent und man hört selbst von Fachleuten eigentlich nur, dass es unheilbar sei“, monierte der Redner und stellte sein „Gesundheitsprojekt Alzheimer“dagegen. Erste Erfolge etwa in den USA sprächen dafür.
In diesem schlicht wirkenden Begriff stecken Möglichkeiten der Heilung bei Betroffenen genauso wie die umfassende Vorbeugung bei den Jüngeren. Im Grunde genommen will der Wissenschaftler, der ein ums andere Mal auch die Kollegen aus der Pharmaindustrie deutlich anging, Körper und Seele genauestens unter die Lupe nehmen. Viel genauer als bisher. „Aber nicht mit einer Überzahl von falschen Medikamenten, die Demenzsymptome kurieren sollen, aber wie Vergiftungen wirken.“Zu viele Pillen belasteten das Gehirn von Senioren, das er von zahlreichen weiteren Beeinträchtigungen gefährdet sah. Sie reichten von Stress durch Einsamkeit und Lebensfrust wie von Mundraumbelastungen durch schädliche Metalle, Darm- und Schlafprobleme sowie Diabetes. „Nach vielem wird heute in der gängigen Praxis nicht einmal im Ansatz nachgeschaut“, beklagte Cofone, der sich ebenso für ganz simple Maßnahmen entschied, die zwar banal erscheinen, jedoch sehr wirksam sein können. „Zu wenig Bewegung befördert die Demenz“und „Ihr Gehirn ist nur so gut wie Ihre Ernährung.“Letzterem widmete sich der kompetente Gerontologe auch deshalb ausführlich, weil dabei die Finger im Publikum besonders heftig ausstreckten. „Zucker reduzieren, das tut dem Geist gut“, riet er im Heilig-Geist-Stift, das auch wegen des Auftretens eines speziellen Humortherapeuten Bekanntheit genießt. Auch in dieser Hinsicht wusste der bei dem ernsten AlzheimerThema sonst so sachlich-nüchtern argumentierende Redner im Publikum zu punkten: „Es könnte sein, dass Sie manches von dem Gesagten gleich wieder vergessen.“