Trotz weltweiter Proteste: Schwulen droht die Todesstrafe
Recht Das kleine Brunei setzt ein umstrittenes Gesetz in Kraft. Aber wird es auch vollzogen?
Bandar Seri Begawan Wer das Sultanat Brunei irgendwo am Persischen Golf vermutet, liegt falsch. Der Blick muss sehr viel weiter östlich auf die Insel Borneo gerichtet werden. Fast Dreiviertel gehören dort zu Indonesien. Ein Viertel im Norden ist Staatsgebiet von Malaysia mit Ausnahme zweier Landzipfel, gut doppelt so groß wie das Saarland: Und das ist Brunei. Was es mit den Emiraten am Golf gemeinsam hat: reiche Erdölvorkommen und den muslimischen Glauben.
In diesen Tagen ist das Sultanat weltweit in den Schlagzeilen: Denn seit Mittwoch gelten hier – trotz internationaler Kritik – härtere Strafgesetze. Homosexuellen droht in dem Kleinstaat jetzt die Todesstrafe. Wer gleichgeschlechtlichen Sex hat, muss damit rechnen, zu Tode gesteinigt zu werden. Verschärft wurden auch die Strafen für Diebstahl: Künftig müssen Diebe damit rechnen, dass ihnen Hände und Beine amputiert werden. Grundlage dafür ist die Scharia, die im weiten Sinne die religiösen und rechtlichen Normen im Islam regelt.
In dem Sultanat sind zwei Drittel der mehr als 420000 Einwohner muslimischen Glaubens. Seit einiger Zeit sind dort konservative islamische Kräfte auf dem Vormarsch. Der in der Hauptstadt Bandar Seri Begawan autoritär regierende Sultan Hassanal Bolkiah – mit einem Vermögen von vielen Milliarden Euro einer der reichsten Monarchen der Welt – hat 2014 damit begonnen, die Scharia einzuführen.
Gegen die neuen Gesetze gibt es international zahlreiche Proteste. Die Vereinten Nationen fordern das Mitgliedsland auf, auf solch „drakonische Strafen“zu verzichten. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch nennt sie „zutiefst barbarisch“. Der Neu-Ulmer SPD-Bundestagsabgeordnete KarlHeinz Brunner hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier aufgefordert, dem Sultan von Brunei das bereits 1998 verliehene Bundesverdienstkreuz wieder abzuerkennen. Hollywood-Star George Clooney hat bekanntlich dazu aufgerufen, die Luxushotels des Sultans in Metropolen wie Los Angeles, London oder Paris zu boykottieren. Als Antwort auf all die Kritik ließ Bolkiah erklären, dass alles wie geplant umgesetzt werde. Die Scharia solle nicht nur den Islam schützen, sondern auch Menschen erziehen.
Schwule und Lesben werden in Brunei seit langem unterdrückt. Bislang standen auf homosexuelle Beziehungen bis zu zehn Jahre Haft. Künftig kann gleichgeschlechtlicher Sex mit öffentlichen Züchtigungen durch den Stock bestraft werden – oder auch, wenn das Gericht meint, besonders hart urteilen zu müssen, mit dem Tod. Die Drohung richtet sich vor allem gegen homosexuelle Männer. Experten halten es aber für wenig wahrscheinlich, dass es tatsächlich Hinrichtungen geben wird. Zwar gab es in Brunei auch in jüngerer Zeit Todesurteile, hingerichtet wurde aber seit Jahrzehnten niemand mehr. Seit Einführung der Scharia-Strafgesetze 2014 wurde auch noch nie jemand öffentlich mit dem Stock gezüchtigt.
Homosexualität wird nicht nur in muslimischen Ländern bestraft. In Brunei gab es ein Verbot auch in der britischen Kolonialzeit. Und es ist erst 25 Jahre her, dass in Deutschland der Paragraf 175 abgeschafft wurde, der Sex zwischen Männern unter Strafe stellte.