In der Bombe brütet jetzt eine Taube
Tiere Einst sollte der Sprengkörper Tod und Zerstörung bringen. Dem Vogelpärchen bietet er nun Schutz vor einer Gefahr
Augsburg Wenn sie nur wüsste, wo sich ihr Nest befindet. Seit zwölf Tagen brütet eine Taube ausgerechnet in der Augsburger Weihnachtsbombe ihren Nachwuchs aus. Paradoxerweise schützt der Sprengkörper den Vogel vor einer Gefahr, die 30 Meter über ihm in der Höhe lauert.
Die riesige Bombe hatte Weihnachten 2016 Augsburg in einen Ausnahmezustand versetzt. Für die Entschärfung des 1,8 Tonnen schweren Kampfmittels mussten damals rund 54000 Bürger die Innenstadt verlassen. Es war die bis dahin größte Evakuierung in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Nun sitzt friedlich eine Taube in dem rostigen Zylinder und brütet ihre Eier aus.
Das Männchen hat ihr darin mit Gräsern ein kuscheliges Plätzchen gebaut. Die Bombe ist in einem Atrium der Hauptwache der Berufsfeuerwehr Augsburg ausgestellt. Feuerwehrsprecher Friedhelm Bechtel, der damals bei der Entschärfung mit an vorderster Front war und mit bangte, dass alles gut geht, freut sich über den ungebetenen Gast. „Man kann sagen, sie ist unsere Friedenstaube.“Bechtel beobachtete vor Kurzem, wie eine Taube hinein flatterte. Er sah nach und entdeckte das Nest. Eigentlich sind diese Vögel bei den Feuerwehrleuten an der Berliner Allee ungern gesehen. „Wir haben nämlich ein richtiges Taubenproblem“, erzählt er. Das mache sich vor allem bei Einsätzen bemerkbar. Wenn sich die mächtigen Tore der Wache öffnen, würden die Vögel die Chance ergreifen und in die Fahrzeughalle hineinfliegen. „Für uns ist das ein großes Problem. Denn wir haben rund 5000 Einsätze im Jahr und die Tauben verschmutzen in der Halle alles.“Vor allem benutzten die Tiere gerne die Feuerwehrhelme als Toilette. Für die Einsatzkräfte ist das freilich unangenehm. Um die Problematik zu bekämpfen, wurde schon vor vielen Jahren ein natürlicher Feind . Der thront ausgerechnet hoch über dem Atrium mit dem Bombennest.
Oben auf dem 30 Meter hohen Schlauchturm ist ein Nistkasten für Turmfalken angebracht. Er ist bewohnt. Doch das Taubenpaar ist den Falken offensichtlich durch die Lappen gegangen. Vielleicht weil die Falken sich selbst um ihre Brut kümmern müssen. Vielleicht aber auch, weil niemand mit Tauben in einer Bombe rechnet. Für Bechtel ist das jedenfalls eine wunderschöne Geschichte. „In so einem brutalen Teil nistet eine Taube. Über ihr schwebt der Tod, aber die Bombe schützt sie davor.“Aus diesem Grund, sagt er, werde diese Taube ausnahmsweise nicht vertrieben.