Hass im Internet: Rentner muss 3000 Euro zahlen
Prozess Ein Rentner aus dem Landkreis beschimpft auf Facebook unter anderem Migranten und die Kirche. Er steht wegen Volksverhetzung vor Gericht. Dort ist er geständig – und erklärt, wie er zu seinen Ansichten kam
Ein 68-Jähriger aus dem Landkreis Dillingen hetzte im Internet gegen Migranten und die Kirche. Jetzt stand er vor Gericht.
Dillingen Wer regelmäßig auf Facebook und Co. unterwegs ist, weiß, dass die sozialen Medien oft ganz und gar nicht sozial sind. In der Anonymität des Digitalen wird gepöbelt, beschimpft und beleidigt, was das Zeug hält – zum Teil weit über das hinaus, was die geltende Meinungsfreiheit deckt. Manches davon versendet sich in den Weiten des Netzes, ist verborgen oder wird wieder gelöscht. Doch hetzerische Kommentare im Internet können auch dazu führen, dass man sich plötzlich auf der Anklagebank wiederfindet. Diese Erfahrung machte
Migranten seien „Ratten“, die Kirche ein „Drecksverein“
nun ein 68-jähriger Rentner aus dem Landkreis Dillingen. Er musste sich unter anderem wegen Volksverhetzung vor dem Dillinger Amtsgericht verantworten. Gegenstand der Verhandlung waren insgesamt zehn Einträge auf seinem öffentlich einsehbaren FacebookKonto. In diesen wetterte der Mann gegen verschiedene Personen, Gruppen und Institutionen. Opfer seiner digitalen Hass-Tiraden waren unter anderem Migranten, Angela Merkel und die Kirche.
Der 68-Jährige teilte unter anderem einen Artikel über einen mutmaßlichen IS-Terroristen, der sich in einer Gefängniszelle erhängt hatte, mit dem Kommentar: „Hätte dem gerne einen schönen Strick ausgesucht.“In anderen Posts bezeichnete er Migranten als „schwarze Bimbos“und „Ratten“, die europäische Städte „befallen“würden. Die Polizei forderte er auf, nicht „Fußabstreifer des schwarzen Packs“zu sein und Migranten zur Not zu erschießen. Geistliche beschimpfte der Mann als „Kinderschänder“und die Kirche als „Drecksverein“. Außerdem teilte er eine Bild-Collage, auf der Angela Merkel in Zusammenhang mit Adolf Hitler gebracht wird. Neben Volksverhetzung lautete die Anklage auf Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.
Der 68-Jährige erscheint vor Gericht ohne Anwalt. Da er sich im Rahmen der Ermittlungen als gezeigte, sind auch keine Zeugen geladen. „Die brauchen Sie nicht“, bestätigt der Angeklagte gegenüber Richterin Gabriele Held. Die angeklagten Äußerungen wolle er nicht abstreiten. Auf Nachfrage erklärt er die Hintergründe seiner Kommentare. „Ich bin sehr konservativ erzogen worden“, fängt er an. Er habe das Gefühl, dass hierzulande „vieles aus dem Ruder gelaufen“sei, und berichtet von einem Vorfall am Donauwörther Bahnhof. Dort hätten Migranten wie „wilde Tiere“auf ihn gewirkt und hätten ihm Angst gemacht. Von der Kirche sei er „schwer enttäuscht“. „Ich kann es nicht vertreten, was die alles verDiese Meinungen habe er auf seinem Facebook-Profil kundgetan. Richterin Held unterbricht ihn. „Das Problem ist, dass Sie nicht Ihre Meinung kundgetan haben, sondern Volksverhetzung betrieben haben.“Der Angeklagte entschuldigt sich. „Ich habe das in diesem Moment nicht so eingeschätzt. Ich habe es bereut und weiß, dass es falsch war.“Staatsanwältin Stephanie Zembruski macht ihm deutlich, dass er Erfahrungen mit einzelnen Personen nicht verallgemeinern dürfe. Von einer Begebenheit könne man nicht auf alle „Asylanten“, wie er die Menschen nennt, schließen. „Sie haben recht, Frau Staatsanwälständig tin“, antwortet der 68-Jährige. Die Einsicht, die er vor Gericht an den Tag legt, und das Geständnis kommen dem Mann, der keine Vorstrafen aufweist, zugute. Rechtsreferendar Dennis Köber führt im Plädoyer der Staatsanwaltschaft außerdem aus, dass der Angeklagte die Bilder lediglich teilte und nicht selbst anfertigte. Allerdings habe der Mann Kommentare mit „besonders harscher“Ausdrucksweise verfasst. Die Staatsanwaltschaft fordert eine Freiheitsstrafe von fünf Monaten zur Bewährung und eine Geldstrafe von 3000 Euro.
In seinem Schlusswort äußert der Angeklagte seinen Unmut über dietuschen.“ se Forderung. „Ich war geständig, deswegen verstehe ich die geforderte Freiheitsstrafe nicht.“Richterin Held lässt sich davon nicht beirren und schließt sich dem Wunsch der Staatsanwaltschaft an. „Was Sie geschrieben haben, war relativ krass und heftig“, betont Held. Die Kommentare des Mannes verortet sie „am untersten Boden“. Die Richterin gehe davon aus, dass es sich um einmalige Ausrutscher handelte, die sich in Zukunft nicht wiederholen werden. „Gilt das ab heute?“, fragt der 68-Jährige zum Erstaunen der Anwesenden. „Dann muss ich meinen Account löschen.“Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.