Rechtsextreme Drohmails: Polizei ermittelt Verdächtigen
Verbrechen Es geht um bundesweit 200 Fälle. Keine Hinweise auf einen Zusammenhang mit Augsburger Bombendrohung
Berlin/Augsburg Nach einer deutschlandweiten Serie von Mails mit Bombendrohungen und rechtsextremistischen Inhalten hat die Polizei einen Verdächtigen aus Schleswig-Holstein ermittelt. Der Mann stehe unter dem Verdacht, Verfasser zahlreicher Mails unter anderem mit Drohungen an Gerichte und andere Einrichtungen zu sein, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft in Berlin am Freitag mit.
Eine Anfrage unserer Zeitung bei der Polizei in Augsburg ergab, dass derzeit keine Hinweise darauf vorliegen, dass es einen Zusammenhang mit der kürzlichen Bombendrohung gegen die Stadt Augsburg gibt. Dagegen spricht zumindest, dass die Drohung im Augsburger Fall nach Informationen unserer Redaktion nicht mit „NSU 2.0“oder „Nationalsozialistische Offensive“unterzeichnet war. Bei den 200 Drohmails, um die es bei der Fahndung in Norddeutschland geht, gab es diesen Zusatz. Die Drohung in Augsburg hatte am 26. März Teile der Stadtverwaltung und das Leben rund um den Rathausplatz für mehrere Stunden lahmgelegt.
Kriminalpolizisten aus Berlin und Schleswig-Holstein durchsuchten am Donnerstag die Wohnung des Verdächtigen in Schleswig-Holstein und beschlagnahmten Computer und Handys, wie der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, sagte. Nach Informationen des soll die Wohnung in einem Ort nordwestlich von Hamburg liegen. Der dortige Bürgermeister bestätigte demnach, dass es „im Zusammenhang mit den Drohschreiben polizeiliche Maßnahmen“gegeben habe.
Der Mann wurde nicht festgenommen. Für einen Haftbefehl lägen bislang keine ausreichenden Beweise vor, sagte Steltner. Aber es gebe zahlreiche Indizien und einen „Anfangsverdacht“in dem sehr großen Ermittlungskomplex mit mehr als 200 Mails. Der Mann sei „durchaus kein Unbekannter“, sagte die Staatsanwaltschaft. Der Hauptvorwurf sei die Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten. Weder das Alter noch die Staatsangehörigkeit des Verdächtigen wurden mitgeteilt. Nach Informationen des soll der Mann Anfang 30 und Deutscher sein. Aus Ermittlerkreisen in Berlin hieß es, er sei psychisch labil, möglicherweise verwirrt.
Er soll demnach vor Jahren wegen verschiedener Gewalttaten verurteilt worden sein. Die Mails, die seit April 2018 verschickt wurden, seien unter anderem mit „Nationalsozialistische Offensive“unterzeichnet gewesen, so die Staatsanwaltschaft. Sie gingen demnach an Behörden in Hamburg, SchleswigHolstein, Baden-Württemberg und Brandenburg. Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt federführend. Beteiligt war auch das Bundeskriminalamt.
Ob die komplette Serie aller Drohungen aus den Jahren 2018 und 2019, die bei Finanzämtern, Rathäusern, Anwaltskanzleien, Verlagen und einzelnen Politikern in ganz Deutschland eingingen, auch auf das Konto des aktuellen Verdächtigen gehen könnte, soll jetzt mit Hilfe der beschlagnahmten Beweise untersucht werden.