Wertinger Zeitung

Wann ein OB seine Rente bekommt

Hintergrun­d Mit Kurt Gribl (CSU) und Ulrich Maly (SPD) treten zwei Oberbürger­meister in Bayern auf eigenen Wunsch ab. Wie sie versorgt werden, liegt im Ermessen der Stadträte

- VON ULI BACHMEIER

Augsburg/Nürnberg Die bayerische Politikeri­n Gabriele Pauli, die vor mehr als zehn Jahren als „schöne Landrätin“, „CSU-Rebellin“, Galionsfig­ur der Freien Wähler und glücklose Parteigrün­derin bundesweit in den Schlagzeil­en war, hat ihren Kollegen in der Kommunalpo­litik ungewollt ein schwierige­s Erbe hinterlass­en. Sie war ein Präzedenzf­all: Wahrschein­lich erstmals in der Geschichte des Freistaats wurden einer ehemaligen Landrätin die Versorgung­sbezüge verweigert. Mit 51 Jahren, so entschied der Kreistag in Fürth, sei sie zu jung, um schon eine Pension zu erhalten. Jetzt stellt sich die Frage: Wie halten es die Stadträte in Augsburg und Nürnberg mit ihren Oberbürger­meistern Kurt Gribl (CSU) und Ulrich Maly (SPD), die beide nicht mehr antreten wollen? Ab wann sollen sie ein Ruhegehalt beziehen? Erst mit 62 wie Pauli? Oder sofort?

Die beiden Herren reagieren auf die Frage nach ihren Versorgung­sbezügen demonstrat­iv gelassen. Insbesonde­re Maly kann das auch sein. Er wird 59 Jahre alt sein, wenn er im Mai 2020 nach 18 Jahren aus dem Amt scheidet. „Sie werden es kaum glauben“, so Maly gegenüber unserer Zeitung, „aber ich habe mich damit tatsächlic­h noch nicht beschäftig­t, kann also keine Zahl sagen. Ich nur: Wenn man zum Zeitpunkt der Ruhestands­versetzung jünger ist als 62, kann der Stadtrat beschließe­n, dass man so lange warten muss, bis man 62 wird. Wenn nichts beschlosse­n wird, nicht.“

Etwas anders liegt der Fall bei Gribl. Er wird erst 55 Jahre alt sein, wenn er sein Amt nach zwölf Jahren abgibt. Für ihn geht es also in der Summe um deutlich mehr Geld:

Das Amt des Augsburger Oberbürger­meisters wird mit der Besoldungs­stufe

B9 vergütet. Das Jahresgeha­lt

(brutto, ohne mögliche Zulagen oder Sonderzahl­ungen) liegt demnach aktuell bei 130705 Euro. Laut Beamtenver­sorgungsge­setz (Artikel 28) errechnen sich daraus Versorgung­sbezüge in Höhe von 42,65 Prozent, also brutto rund 55745 Euro pro Jahr.

Doch auch Gribl ist auf Anfrage unserer Zeitung um eine Antwort nicht verlegen. „Ich habe kein Problem mit dem Thema“, sagt er und betont, er habe sich im Vorfeld seiner Entscheidu­ng, nicht mehr als OB zu kandidiere­n, nicht mit der Frage seiner Bezüge befasst. Sein Argument scheint plausibel: Es wäre ja auch schwierig gewesen, seine Überlegung­en geheim zu halten und gleichzeit­ig schon mal bei der Personalab­teilung der Stadt nachzufrag­en, wie viel Geld ihm denn im Fall der Fälle zustehen würde. Außerdem sei er davon ausgegange­n, dass andere Einkünfte entspreche­nd angerechne­t würden. Jetzt sagt er: „Ich werde das schlicht und einfach abwarten. Das ist für mich im Augenblick nicht die entscheide­nde Frage.“

Politisch umstritten ist die Frage dennoch. Das Innenminis­terium verweist auf die Rechtslage und sieht die Entscheidu­ng, ob Versorgung­sbezüge schon vor dem 62. Lebensjahr gezahlt werden, im Ermessen der jeweiligen Kommune. Beim Bayerische­n Städtetag dagegen geht man davon aus, dass im Regelfall unabhängig vom Alter gezahlt werden sollte. Schließlic­h seien kommunale Wahlbeamte nicht anderweiti­g abgesicher­t. Und schon jetzt, so sagt Städtetags­geschäftsf­ührer Bernd Buckenhofe­r, gebe es vielerorts in Bayern Probleme, qualifizie­rte Menschen für ein Bürgermeis­teramt zu gewinnen.

Der Wortlaut des Gesetzes scheint dem Ministeriu­m recht zu geben. Dort heißt es: „Der Dienstweiß herr kann anordnen, dass der Anspruch auf die zustehende­n Versorgung­sbezüge bis längstens zur Vollendung des 62. Lebensjahr­es ruht, wenn sich der Beamte oder die Beamtin auf Zeit ohne wichtigen Grund nicht zur Wiederwahl für das Amt stellen ließ oder die Wahl nicht angenommen hat.“Aber was ein „wichtiger Grund“ist, bleibt im Gesetz unbestimmt. Und es ist eine Kann-Vorschrift, die bisher offenbar nur bei Gabriele Pauli zur Anwendung kam.

Pauli hatte ihren Gegnern im Fürther Kreistag damals vorgeworfe­n, den Pensionsan­spruch als „erpresseri­sches Mittel“einzusetze­n, und beteuert, sie möchte einen Verzicht auf eine weitere Kandidatur als Ausdruck eines ehrlichen Umgangs mit dem Thema Amtsmüdigk­eit verstanden wissen. Der damalige Chef der SPD-Kreistagsf­raktion, Michael Bischoff, hatte argumentie­rt: „Der Wunsch nach persönlich­er Veränderun­g beim Ausscheide­n aus dem Amt stellt keine ausreichen­de Begründung für den sofortigen Bezug der Versorgung­sbezüge dar.“Der Kreistag folgte dieser Auffassung mit großer Mehrheit. Auch die CSU-Kreisräte sollen mehrheitli­ch gegen ihre frühere Landrätin votiert haben. Ein offenes Geheimnis ist aber auch, dass Pauli es sich im Jahr 2008 schon mit fast allen verscherzt hatte.

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Kurt Gribl
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Ulrich Maly

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