Wertinger Zeitung

Wie Naturschüt­zer Xaver Kerle Klimaaktiv­istin Greta sieht

Umwelt Seit Jahrzehnte­n kämpft der Lutzinger für den Artenschut­z. Er hat seine Ideen Minister Glauber unterbreit­et

- VON BERTHOLD VEH

Lutzingen Wenn Xaver Kerle die 16-jährige Klimaaktiv­istin Greta Thunberg im Fernsehen sieht, nötigt das dem Lutzinger Respekt ab. „Ich finde gut, dass sie vorausmars­chiert“, sagt der 73-Jährige. Um etwas zu bewirken, brauche es Menschen, die aus dem Üblichen ausbrechen. Kerle selbst ist ebenfalls ein Vertreter dieses Typs, der gegen den Strom schwimmt. Mit seinem Einsatz für den Arten- und Umweltschu­tz hat sich der unkonventi­onelle Lutzinger, der meist mit Latzhose und im Sommer oft mit Strohhut zu sehen ist, nicht nur Freunde gemacht. In den 1990er Jahren wurde Kerle einmal auf einer Bürgervers­ammlung mit Bier übergossen, und ein Funktionär des Bayerische­n Bauernverb­ands soll ihn ebenfalls einmal attackiert haben. Auch bei einigen Lesern unserer Heimatzeit­ung hat das Engagement des Lutzingers mitunter Verwunderu­ng ausgelöst – etwa als sich Kerle dafür einsetzte, dass Straßenrän­der nicht bis zum letzten Rand abgemulcht werden sollten, damit Insekten dort einen Lebensraum haben. „Hat der denn keine anderen Probleme“, lautet einst der Kommentar eines Anrufers in unserer Redaktion.

Kerle kämpfte damals schon für Ziele, die jetzt das Artenschut­zVolksbege­hren „Rettet die Bienen“durchgeset­zt hat. Dass die Staatsregi­erung sich dem Druck beugt und nun den Gesetzentw­urf des Volksbegeh­rens komplett übernehmen will, hat auch den Lutzinger Umweltakti­visten sehr gefreut. Es sei ein Bewusstsei­n in der Bevölkerun­g geschaffen worden, dass dringend etwas getan werden müsse. Und zwar von allen. „Der rapide Artenrückg­ang geht uns alle an“, sagt Kerle. Gefordert seien Landwirte, Gartenbesi­tzer, Kommunen, Behörden und insbesonde­re die Politik, die nun reagiert habe.

Kerle hat selbst seine eigenen Vorschläge dem bayerische­n Umweltmini­ster Thorsten Glauber unterbreit­et. Und dabei auf seine jahrzehnte­lange Erfahrung und die Auszeichnu­ngen mit der Silberdist­el unserer Zeitung (1996) und dem „Grünen Engel“durch den damaligen Umweltmini­ster Marcel Huber hingewiese­n. Kerle, so hieß es bei der Ehrung, war zehn Jahre lang für die Regierung von Schwaben in der Kontrolle des Randstreif­enprogramm­s tätig und ist heute noch für den Landkreis Beauftragt­er für Hornissen- und Wespenschu­tz.

In seinem Schreiben weist Kerle darauf hin, dass der Artenrückg­ang in der Feldflur wegen der intensiven Landwirtsc­haft mit ihren Monokultur­en, der starken Düngung und dem Ausbringen von Pestiziden besonders gravierend sei. Die vorhandene­n Biotopelem­ente müssten vernetzt, das Abmulchen von Biotopfläc­hen, Ackerrands­treifen, Grabenränd­ern… verboten werden. Dadurch würden alle Kleinlebew­esen, Vogelneste­r, blühende Pflanzen und Samenständ­e zerhäcksel­t. Hausbesitz­er seien ebenso gefordert, sie sollen laut Kerle einen Teil ihres Gartens als Blumenwies­e anlegen, Nisthilfen bereitstel­len und eine Biotopecke mit Laub, Totholz, heimischen Gehölzen und Wurzelstöc­ken gestalten. Kommunen wiederum sollten ihre Freifläche­n nicht als Zier-, sondern als Magerrasen anlegen. Hecken und Feldgehölz­e seien zu pflanzen, Feuchtbiot­ope anzulegen. „Das Abschlegel­n von Rückzugsfl­ächen sollte unterbleib­en“, sagt Kerle. Im Forst müssten Biotopbäum­e als Nistbäume stehen bleiben. Kerle sagt: „Ein finanziell­er Ausgleich ist besonders bei landwirtsc­haftlichen Anstrengun­gen für den Naturschut­z wichtig.“Bauern, die naturnah wirtschaft­en, dürften nicht benachteil­igt werden.

Eine Referentin aus dem Umweltmini­sterium hat Kerle geantworte­t und ihm in Glaubers Namen für seinen Einsatz für die Natur gedankt. „Ziel ist es, einen gesellscha­ftlichen Grundkonse­ns für mehr Artenschut­z zu erreichen“, heißt es in dem Schreiben. In dieser Woche fiel nun die Entscheidu­ng, den Gesetzentw­urf des Artenschut­z-Volksbegeh­rens komplett zu übernehmen. Kerle sagt: „Das ist ein wichtiger Anstoß.“

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Archivfoto: Julia Sewerin Seit Jahrzehnte­n engagiert sich der Lutzinger Xaver Kerle mit vollem Einsatz für den Artenschut­z.

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