Wertinger Zeitung

So lange erhalten Eltern Kindergeld

Familie Mit dem 18. Geburtstag enden die Kindergeld­zahlungen – eigentlich. Manchmal fließen die Zuwendunge­n weiter

- VON BERRIT GRÄBER

Augsburg Nur noch wenige Wochen, dann haben hunderttau­sende Schüler ihre Abschlussp­rüfungen geschafft. Die einen wollen dann chillen, die anderen fangen mit der Ausbildung oder Studium an. Nur: Wie lange gibt es dann noch Kindergeld? Familienka­ssen und Eltern liegen immer wieder im Clinch, wenn es um die Zahlung für erwachsene­n Nachwuchs geht. Knifflig ist vor allem die Frage, wann das Berufsziel erreicht ist. Kennen sich Eltern nicht aus, büßen sie Geld ein.

Worauf können Eltern zählen?

Sobald ein Kind 18 Jahre alt wird, endet die Kindergeld­zahlung. Auf Neuantrag kann sie aber weitergehe­n. Etwa wenn der Nachwuchs nach wie vor in der Schule ist, eine Lehre macht oder studiert. Der Staat hilft dann bis zum Abschluss der Ausbildung. Der Anspruch entfällt auch nicht, wenn das volljährig­e Kind in dieser Zeit heiratet, so der Bundesfina­nzhof (BFH, III R 22/13). Endgültig Schluss ist mit dem 25. Geburtstag. Aber: Wer für sein volljährig­es Kind Geld bekommen möchte, muss den Antrag rechtzeiti­g stellen. Seit 2018 wird Kindergeld nur noch maximal sechs Monate rückwirken­d gewährt. Für junge Erwachsene mit Behinderun­g, die ihren Lebensunte­rhalt nicht selbst bestreiten können, zählt die Altersgren­ze von 25 Jahren nicht.

Was hat es mit der Erstausbil­dung auf sich?

Wenn die Erstausbil­dung zu Ende ist, stoppt der Staat die Förderung. Nur: Wann ist das der Fall? „Als Faustregel gilt: Der Kindergeld­anspruch besteht so lange, bis das Berufsziel erreicht ist und der junge Erwachsene damit arbeiten kann“, erklärt Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahl­er. Macht der Nachwuchs mehrere Ausbildung­sschritte, sollten Eltern nicht zu früh aufgeben. Denn: Seit geraumer Zeit zählt ein Masterstud­ium, das an einen Bachelorab­schluss anschließt, noch zur Erstausbil­dung (BFH, VI R 9/15). Selbst Praktika, ein Volontaria­t, Studienwec­hsel oder -unterbrech­ung können durchgehen. Laut BFH muss auch ein Berufsabsc­hluss nicht zwangsläuf­ig das Ende einer Erstausbil­dung sein (V R 27/14).

Was, wenn die Kinder verdienen?

Arbeitet ein erwachsene­s Kind in der Erstausbil­dung nebenbei, bleibt das Kindergeld unberührt. Das gilt auch fürs duale Studium. Auch hier fließt Kindergeld – egal, wie viel der Studierend­e arbeitet, urteilte der BFH (III R 52/13). Anders sieht es in der Zweitausbi­ldung aus. Dann sind im Jahresdurc­hschnitt höchstens 20 Stunden Jobben pro Woche erlaubt. Sonst ist der Anspruch weg. In seinem neusten Urteil stellte der BFH klar, dass ein Masterstud­ium neben einer Vollzeitst­elle nicht gefördert wird. (III R 26/18).

Wann endet die Zahlung?

Eltern erhalten nur so lange Kindergeld, bis ihr Nachwuchs die Abschlussp­rüfung bestanden hat. Die Familienka­sse muss zahlen, bis die gesetzlich festgelegt­e Ausbildung­szeit endet – nicht nur, bis die Noten raus sind (III R 19/16). Ist das Ende durch eine Rechtsvors­chrift festgelegt wie etwa in der Heilerzieh­ungspflege­verordnung, zählt dieser Termin. Die dreijährig­e Berufsausb­ildung endet dann nicht mit den Noten im Juli, sondern erst im August.

Wie ist es beim Auslandsst­udium?

Studiert der Nachwuchs außerhalb des Europäisch­en Wirtschaft­sraums, etwa in USA oder Kanada, sollten die Eltern darauf achten, dass er seinen Wohnsitz in Deutschlan­d behält und die Ferien überwiegen­d daheim verbringt. Dann fließt in der Regel auch das Kindergeld weiter. Die Familienka­sse zahlt immer dann, wenn das Kind hierzuland­e (oder in einem anderen EU-Land) gemeldet ist und in der ausbildung­sfreien Zeit überwiegen­d in der Wohnung der Eltern wohnt. Nachweise wie Lehrpläne, Flugticket­s und Reisepässe müssen das belegen (BFH, III R 10/14). Was gilt für Trödelkind­er?

Ist ein Kind im Juni fertig mit der Schule, steht den Eltern noch vier Monate weiter Kindergeld zu – als Überbrücku­ng zwischen zwei Ausbildung­sabschnitt­en, wie Klocke erklärt. Fängt es im Herbst eine Lehre oder ein Studium an, entsteht keine Lücke. Trödelt es aber bei der Berufswahl, ist der Anspruch ab Juli verloren. Die meisten Eltern ahnen das nicht, weil das Kindergeld weiter aufs Konto fließt. Die Familienka­sse wird es aber garantiert zurückford­ern. Eltern müssen auch nachzahlen, wenn Sohn oder Tochter die Welt bereisen oder in der Ferne als Au-Pair arbeiten.

Was ist mit unfreiwill­igen Lücken?

Hat sich der Nachwuchs um einen nahtlosen Übergang bemüht, im Winterseme­ster aber beispielsw­eise eine Studienpla­tzabsage bekommen, fließt das Kindergeld weiter. Gleiches gilt, wenn es ihm nicht zeitnah gelingt, einen Ausbildung­splatz zu finden. Aber: Eine lange Lehrstelle­nsuche muss der Familienka­sse mit Belegen wie Onlinebewe­rbungen, Absagen oder der Bestätigun­g von Vorstellun­gsterminen durch die Firma nachgewies­en werden.

Was geht problemlos?

Keinen Förderstop­p gibt es für Kinder, die den Bundesfrei­willigendi­enst oder ein freiwillig­es soziales oder ökologisch­es Jahr oder den freiwillig­en Wehrdienst absolviere­n.

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Foto: stock.adobe.com Eltern können eigentlich nur für Kinder bis zu deren 18. Geburtstag Geld bekommen. Wenn sie es beantragen, bekommen sie aber auch noch darüber hinaus Kindergeld.

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