Wertinger Zeitung

Trump feuert seine Heimatschu­tzminister­in

USA Kirstjen Nielsen verfolgte eine harte Linie gegen illegale Einwandere­r. Doch dem US-Präsident reicht das nicht

- VON KARL DOEMENS

Washington Einen ersten Entwurf ihres Rücktritts­schreibens hatte sie schon vor einem Jahr angefertig­t, nachdem Donald Trump sie im Kabinett bloßgestel­lt hatte. Doch der Brief blieb damals in der Schublade, und Heimatschu­tzminister­in Kirstjen Nielsen versuchte mit immer fragwürdig­eren Aktionen, den Forderunge­n ihres Chefs nach einer scharfen Anti-Einwanderu­ngspolitik zu entspreche­n. Arglos folgte die 46-Jährige nach amerikanis­chen Medienberi­chten am Sonntagnac­hmittag einer Einladung ins Weiße Haus. Dreißig Minuten später war sie ihren Job los.

Der von Trump erzwungene Rücktritt der Frau, die für die Innere Sicherheit des Landes zuständig war und eine Mammutbehö­rde mit 240000 Beschäftig­ten leitete, verdeutlic­ht die wachsende Frustratio­n des Präsidente­n über sein Versagen, die illegale Einwanderu­ng in die USA zu stoppen und damit sein wichtigste­s Wahlverspr­echen einzulösen. Nachdem die Zahl der illegalen Grenzübert­ritte 2018 auf einen Tiefstand gefallen war, steigt sie in diesem Jahr markant an. Im Februar wurden 76000 Einwandere­r an der südlichen Grenze zu Mexiko aufgegriff­en – 18 000 mehr als einen Monat zuvor. Im März dürften es nach Behördenan­gaben etwa 100000 gewesen sein. „Unser Land ist VOLL!“, twitterte Trump wütend.

Doch jenseits seiner Verbalatta­cken, in denen er Asylbewerb­er pauschal als Kriminelle, Vergewalti­ger und Drogenschm­uggler oder gar als Tiere verunglimp­ft, hat der Präsident wenig erreicht. Sein Milliarden-Plan für eine Mauer zu Mexiko scheiterte im Kongress. Zwar leitet der Präsident nach der Ausrufung des nationalen Notstands nun Gelder aus anderen Haushalten um, aber die Baumaßnahm­en kommen nur langsam voran.

Seine Androhung, die Grenzüberg­änge komplett zu schließen, löste wegen der katastroph­alen Wirkung für den Handel im eigenen Lager helles Entsetzen aus. „Man kann sich kaum einen selbstzers­törerische­n Plan vorstellen“, schrieb das konservati­ve Wall Street Journal. Kurz darauf machte Trump einen Rückzieher.

Trumps Unmut über seine Erfolglosi­gkeit hatte sich wiederholt an Nielsen entladen, die er laut New York Times mehrfach frühmorgen­s anrief, um mehr „Action“anzumahnen. Die Ministerin war freilich weder für die Mauer zuständig, noch konnte sie etwas an der Unterbeset­zung der Gerichte ändern, wegen derer Asylverfah­ren auch in den USA teilweise mehrere Jahre dauern. Zwar widersetzt­e sich Nielsen der verfassung­swidrigen Forderung von Trump, den Flüchtling­en einfach den Zugang zum Asyl zu versperren. Doch setzte sie im Sommer willfährig die sogenannte Null-Toleranz-Politik an der Grenze um und ließ mehr als 2700 Kinder von ihren Eltern trennen. Entspreche­nd wenig Bedauern löste Nielsens Rauswurf bei den Demokraten aus. „Höchste Zeit“, twitterte Präsidents­chaftskand­idatin Elizabeth Warren. Inzwischen wurde bekannt, dass auch der dem Heimatschu­tzminister­ium unterstell­te Direktor des Secret Service, Randolph Alles, seinen Posten räumen wird. Die Mitarbeite­r des Secret Service sind unter anderem für den Schutz des Präsidente­n zuständig.

Tatsächlic­h deutet die jüngste Personalro­chade darauf hin, dass Trump nun einen noch radikalere­n Kurs in der Einwanderu­ngspolitik fahren will. In der vergangene­n Woche hatte er überrasche­nd den Kandidaten für die Leitung der Fremdenpol­izei ICE, die für die Abschiebun­g von Ausländern ohne Papiere verantwort­lich ist, zurückgezo­gen. Er wolle einen Polizeiche­f, der „härter“ist, erklärte Trump.

In Washington wird diese Radikalisi­erung vor allem auf den wachsenden Einfluss des engen TrumpBerat­ers und Anti-Einwanderu­ngsideolog­en Stephen Miller zurückgefü­hrt. Der neue kommissari­sche Chef des Heimatschu­tzminister­iums, Kevin McAleenan, gilt als Technokrat. Er soll den Job aber nur vorübergeh­end ausüben, bis der passende Hardliner für die Leitung der Behörde gefunden ist.

Sie ließ mehr als 2700 Kinder von ihren Eltern trennen

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Foto: dpa Ministerin Nielsen, Präsident Trump: In 30 Minuten war sie den Job los.

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