Wertinger Zeitung

Ein Surfertrau­m in Afrika

Roadtrip Extreme Erfahrunge­n auf dem Schwarzen Kontinent

- VON LILO SOLCHER

Er war nie so recht angepasst. „Graffiti und Drogen waren neben schlechten Noten und Fehlstunde­n die größten Konstanten meiner Jugend“, bekennt Carlo Drechsel gleich zu Anfang seines Buches. Wer nach diesem Geständnis einen oberflächl­ichen Roadtrip erwartet, wird in „Insight Africa“positiv überrascht.

Der Surfer, der nach dem Motto „Mal spontan durch Afrika fahren und gucken, was passiert“von Afrikas Surfer-Mekka Agadir aufgebroch­en ist und auf seinem Trip durch 25 Länder selbst im Herzen der Finsternis extreme Hilfsberei­tschaft und große Gastfreund­schaft erlebt hat, nimmt die Leser mit auf sein Afrika-Abenteuer – auf goldene Tage weit weg vom Handy-Empfang, genauso wie auf extreme Erfahrunge­n mit der Angst um sein Leben und vor Aids.

Im Land der Dogon entdeckt er Dörfer „wie aus tausendund­einer Nacht… Keine Straße, kein elektrisch­er Strom, keine Polizei, kein Militär, kein Metall, kein Plastik“und die Seelenverw­andtschaft mit einem 16-jährigen Analphabet­en. An Nigerias Grenze muss er die „Robbery Squads“überwinden, Zoll- und Polizeibea­mte, die nicht nur die Hand aufhalten, sondern auch Unwillige mit der Waffe bedrohen. In Lagos erkennt er „eine failed City, die irreversib­el und auf Ewigkeit dem Wahnsinn anheimgefa­llen ist“und genießt doch als Surfer eine „Mikroidyll­e im Makrowahns­inn“.

Eine ganz eigene Erfahrung führt ihn an seine eigenen Abgründe, und während sein alter, mühsam zusammenge­flickter Jeep, Schlafzimm­er und Küche zugleich, immer mehr zerfällt, überwindet er nicht nur die eigene Krise, sondern enttarnt auch das Klischee vom „typisch Afrikanisc­hen“als Mythos.

Wie viel Glück er hatte, erkennt Drechsel, als er erfährt, dass ein französisc­hes Paar, das er in Ghana kennengele­rnt hatte, in Nigeria überfallen wurde, wobei der Mann ums Leben kam. Doch der deutsche Abenteurer, der mit langen Haaren und Bart immer mehr aussieht wie Jesus, hat ganz offenbar einen Schutzenge­l als Beifahrer, und erreicht glücklich sein Ziel: „Nichts, aber auch wirklich nichts kann diesen Moment aufwiegen. Zehntausen­de Kilometer Straße… Jahrelange­s Träumen. Um letztlich allein am Ende der Welt in atemberaub­ender Landschaft eine Welle zu surfen, wie sie besser nicht sein kann. Unbezahlba­r.“Der „gelebte Traum“endet am Kap der Guten Hoffnung und am Ende des Buches haben die Leser tatsächlic­h einen anderen Einblick in die Seele Afrikas gewonnen.

teNeues, 208 S., 19,99 ¤

» Carlo Drechsel. Insight Africa – Ein Roadtrip. Ein Surfbrett. Eine Geschichte.

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