Beim Künstler zu Hause
Ottobeuren Ein Besuch der Schickling-Stiftung
Ein krächzender Schrei gellt zwischen den einzelnen Gebäuden hindurch. Er stammt von einem Pfau, der in seinem blau-grünen Federkleid ein Rad schlägt, um das Weibchen neben sich zu bezirzen. Immer wieder entdeckt man einen dieser bunten Vögel auf der abgelegenen Anlage der Erich-Schickling-Stiftung in Eggisried nahe Ottobeuren. Mal auf einem Glasdach, mal im dichten Gestrüpp oder vor dem Hof mit der Grabstätte von Erich Schickling, dem Glaskünstler, Maler und Architekten.
Das verwinkelte Gebäudeensemble mit Parklandschaft am Lauf der Günz schuf sich der Künstler im Laufe seines Lebens selbst als Arbeitsstätte. Dort setzte er seine bekannten bunten Glasfenster zusammen, die in vielen Kirchen und öffentlichen Räumen in Bayern und Deutschland zu finden sind. Nach seinem Tod 2012 übernahm die Stiftung die Anlage als Ort der kulturellen und religiösen Begegnung – und gewährt Besuchern heute noch bei Führungen oder Veranstaltungen Zugang zu den Werken und den Gebäuden, in denen Schickling mit seiner Familie lebte.
Die Gäste können zum Beispiel die Kapelle besuchen, deren Seiten mit farbenfrohen, dreieckigen Fenstern eingefasst sind, in denen Schickling biblische Themen eingearbeitet hat. Sie dürfen auch die einzelnen Häuser betreten, die mit ihren meterhohen Fenstern, durch die das Licht flutet, und den exotischen Pflanzen Wintergärten ähneln. Während der Führung spaziert man sogar an einem kleinen Kirchturm vorbei, dessen Glockenspiel bis über die angrenzenden Wiesen schallt. Weiter geht es zum Wohnhaus, in dem nun die älteste Tochter lebt, und dann über eine kleine Holzbrücke zu den Werkstätten.
Auf diesem Rundgang sind die Werke Erich Schicklings überall präsent: bunte Gemälde aneinandergereiht an den Wänden, Statuen und Kunstwerke auf den Wiesen. Die ganze Anlage wirkt auf den Besucher, als wäre sie ein eigenes großes Kunstwerk. Maria Heinrich