Wertinger Zeitung

Kritik aus dem eigenen Lager

FC Augsburg Mit Gouweleeuw hat ein weiterer Führungssp­ieler des Bundesligi­sten die Taktik des Trainers angezweife­lt. Baum selbst sieht aber keine Parallelen zum Fall Hinteregge­r

- VON JOHANNES GRAF UND ROBERT GÖTZ

Augsburg Wen man auch fragt, Spieler, Trainer oder Verantwort­liche. Beteiligte schätzen die Ruhe, mit der sie beim FC Augsburg arbeiten können. Ob der Bundesligi­st um die Europa League oder gegen den Abstieg spielt, die Aufregung hält sich in Grenzen. Stimmungen auszumache­n, gestaltet sich mitunter schwierig. Nicht einmal die Tonalität der Gesprächsp­artner ändert sich.

Als Trainer Manuel Baum am Montagvorm­ittag die verheerend­e 0:4-Pleite gegen die TSG Hoffenheim analysiert, unterschei­det sich nichts von anderen Rückblicke­n. Der Eindruck, den Baum vermittelt: Die Niederlage ist erklärbar, kein Grund, sich größere Sorgen zu machen. „Ich bin guter Dinge, dass wir den 15. Platz erreichen“, sagt Baum. Der Nichtabsti­eg wäre damit vollzogen, das Saisonziel erreicht.

Sportgesch­äftsführer Stefan Reuter spricht davon, das Spiel analysiere­n zu müssen. Keine Kritik am Trainer, verhaltene Vorwürfe Richtung Mannschaft. Reuter fordert lediglich „eine ganz andere Leistungsb­ereitschaf­t“in der nächsten Partie Eintracht Frankfurt ein (Sonntag, 18 Uhr).

Jahrelang zeichnete den FCA defensive Stabilität. aus. Musste er sich geschlagen geben, fielen die Niederlage­n gering aus. Umso alarmieren­der sind Ergebnisse in der Rückrunde: 0:4 in Bremen, 1:5 in Freiburg, 0:3 in Nürnberg, 0:4 gegen Hoffenheim. Während die Sportliche Leitung Zweckoptim­ismus verbreitet, ergreifen zusehends mündige Spieler das Wort. Ihnen scheint nicht entgangen zu sein, welches Bild sie und damit der FCA in der Rückrunde abgeben.

Im Mittelpunk­t: die Taktik. Rani Khedira war nach dem Spiel in Nürnberg unerklärli­ch, warum Vorgaben des Trainers nicht umgesetzt wurden. Khedira wollte die Schuldigen nicht namentlich nennen, sagte nur: „Wenn einer aus der Reihe tanzt, wird es schwer. Wenn ein paar mehr aus der Reihe tanzen, hast du keine Chance.“Er sprach von Disziplinl­osigkeiten im Pressing, von gefühlten 60 Metern, die zwischen dem anlaufende­n Angriff und der Vierer-Abwehrkett­e lagen. „Wenn jeder macht, was er für richtig hält, dann wird es schwer.“

Die Partie gegen Hoffenheim wirkte wie eine Blaupause. Erneut keine Kompakthei­t, erneut Lücken, in denen der Gegner sich austobte. Abwehrspie­ler Jeffrey Gouweleeuw machte diesmal allerdings nicht die Profis auf dem Platz verantwort­lich, vielmehr kritisiert­e er Trainer Baum. Der Abwehrspie­ler erklärte mit runzelnder Stirn, keine Ahnung gehabt zu haben, was er machen sollte. „Ich hatte auf dem Platz nie das Gefühl, dass wir etwas erreichen können“, sagte der Niederländ­er. Und fügte hinzu: „Wir hatten keine gemeinsame Idee.“

Mehrmals stellte Trainer Baum seine Formation gegen Hoffenheim um. Dies rechtferti­gte er damit, den Spielern helfen zu wollen, in die Zweikämpfe zu kommen. Mitunter verloren die Augsburger im taktischen Hin und Her den Überblick. Was sollten sie tun? Früh attackiere­n oder nicht? Gouweleeuw betonte: „Wenn wir in der ersten Halbzeit drei Mal umstellen müssen, zeigt das, dass etwas nicht klappt. Jedes Mal, wenn wir umgestellt haben, war das nicht besser. Wir hatten keine Lösungen.“

Am Montag äußert sich Baum zu Gouweleeuw­s Sicht der Dinge. Wer glaubte, der Coach würde den Spiebei ler zurechtwei­sen oder gar bestrafen, sah sich getäuscht. Stattdesse­n versucht Baum, zu relativier­en und kleinzured­en. „Ich finde die Kritik nicht so deutlich“, sagt er. Dinge würden von außen herangetra­gen, meint Baum, die Kritik Gouweleeuw­s werde „total überbewert­et“. Baum gibt Gouweleeuw recht, seine taktischen Anpassunge­n hätten nicht gefruchtet. Er räumt Fehler ein, kein Trainer sei davor gefeit, falsche Entscheidu­ngen zu treffen.

Nicht zum ersten Mal in dieser Saison übt ein Profi des FCA Kritik am Trainer. Als Martin Hinteregge­r Ende Januar erklärte, er könne über Baum nichts Positives sagen, wurde er suspendier­t und später an Eintracht Frankfurt ausgeliehe­n. Dort legte der Österreich­er nach. In Frankfurt, unter dessen Trainer Adi Hütter, wisse er endlich, was von ihm verlangt werde, so Hinteregge­r. Heißt: Unter Baum war dies nicht der Fall.

Augsburgs Coach will die Aussagen Hinteregge­rs nicht mit denen Gouweleeuw­s vergleiche­n. Den Unterschie­d sehe er darin, dass der Niederländ­er prinzipiel­l recht hätte. „Das Gefühl von Jeff ist nachvollzi­ehbar. Ich sehe es ähnlich.“

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Nach der Kritik von Jeffrey Gouweleeuw bemüht sich Augsburgs Trainer Manuel Baum um Geschlosse­nheit. Statt seinen Spieler zurechtzuw­eisen, zeigt er Verständni­s für dessen Kritik an taktischen Vorgaben.
Foto: Ulrich Wagner Nach der Kritik von Jeffrey Gouweleeuw bemüht sich Augsburgs Trainer Manuel Baum um Geschlosse­nheit. Statt seinen Spieler zurechtzuw­eisen, zeigt er Verständni­s für dessen Kritik an taktischen Vorgaben.

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