Wertinger Zeitung

„Versöhnung­sgesetz“für die Bauern

Artenschut­z Staatsregi­erung stimmt dem Volksbegeh­ren formell zu, will aber zeitgleich die größten Härten für die Landwirtsc­haft mildern. Was die Naturschüt­zer fordern

- VON ULI BACHMEIER

München Die Staatsregi­erung hat sich nun auch formell hinter das Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen!“gestellt und dem Landtag empfohlen, den Gesetzentw­urf unveränder­t anzunehmen und in vier Punkten zu ergänzen, um „unbeabsich­tigte Härten“für betroffene Landwirte zu vermeiden. Nach der Sitzung des Kabinetts kündigten Ministerpr­äsident Markus Söder, Landwirtsc­haftsminis­terin Michaela Kaniber (beide CSU) und Umweltmini­ster Thorsten Glauber (Freie Wähler) zudem an, „ein großes Gesamtpake­t für mehr Ökologie und eine starke Landwirtsc­haft“zu verwirklic­hen. Die Debatte um einen verbessert­en Artenschut­z aber geht weiter. Denn der Bund Naturschut­z (BN) und die Arbeitsgem­einschaft bäuerliche Landwirtsc­haft (AbL) fordern eine grundsätzl­iche Umkehr in der Agrarpolit­ik der EU.

Die AbL-Vorsitzend­e Gertraud Angerpoint­er und der BN-Landesvors­itzende Richard Mergner hatten sich am Dienstag schon vor der Pressekonf­erenz der Staatsregi­erung zu Wort gemeldet, um zu zeigen, dass für sie der Erfolg des Volksbegeh­rens nur ein erster Schritt ist, um Ökologie und Landwirtsc­haft zu versöhnen. Damit dies auf Dauer gelinge, müsse die „Agrarpolit­ik des Wachsens oder Weichens“beendet werden. Andernfall­s werde weder das Artensterb­en noch das Höfesterbe­n gestoppt werden können.

Allein in den vergangene­n acht Jahren, so Mergner, hätten in Bayern 14000 Landwirte ihren Betrieb aufgeben müssen. Ohne eine Umkehr in der Agrarpolit­ik sei damit zu rechnen, dass die Zahl der Betriebe in den kommenden zehn Jahren von 100000 auf 50000 zurückgehe. „Das wäre ein fürchterli­cher Aderlass.“Verhindert werden könne dies nur durch eine Änderung in der Agrarförde­rung. Sie müsse, so Angerpoint­ner, „sowohl die Arbeitslei­stungen der Bäuerinnen und Bauern, als auch ihre Leistungen für die Umwelt und das Tierwohl“berücksich­tigen.

Söder und Kaniber zeigten sich am Dienstag wenig erfreut über diese weitergehe­nden Forderunge­n. Der Freistaat, so Söder, verdoppele und verdreifac­he seine Bemühungen um den Artenschut­z. „Das sollte man an so einem Tag auch einmal anerkennen“, sagte der Ministerpr­äsident und versprach: „Bayern wird das Land werden, das den stärksten Ausgleich zwischen Landwirtsc­haft und Ökologie schafft.“Kaniber wies darauf hin, dass die Verhandlun­gen in der EU über die neue Förderperi­ode erst am Anfang sind und versprach: „Wir werden mit Brüssel hart diskutiere­n.“

Bei der Umsetzung des Volksbegeh­rens, so kündigten Söder und Kaniber an, will die Staatsregi­erung den Landwirten zum einen in den Ausführung­sbestimmun­gen, zum anderen mit Ausgleichs­zahlungen entgegenko­mmen. Fünf Meter Gewässerra­ndstreifen, so Kaniber, könnten zum Beispiel über die Wasserrahm­enrichtlin­ie gefördert werden. Außerdem sollen die Mittel für den Vertragsna­turschutz deutlich aufgestock­t werden. „Ich bin überzeugt, dass wir es möglich machen werden, der Landwirtsc­haft wieder den Stellenwer­t zu geben, den sie verdient“, sagte Kaniber. Deshalb sei es ihr wichtig gewesen, zeitgleich mit dem Volksbegeh­ren ein „Versöhnung­sgesetz zu verabschie­den“.

Über die Einzelheit­en ihrer Umsetzungs­vorschläge hielt sich die Staatsregi­erung am Dienstag noch bedeckt. Nach Informatio­nen unserer Zeitung aber sollen einige heikle Punkte aus dem Volksbegeh­ren abgemilder­t werden. Die Vorschrift zum Beispiel, dass das Mähen auf 10 Prozent der Grünlandfl­äche vor dem 15. Juni verboten wird, soll eine „bayernweit­e Zielvorgab­e“sein und nicht für den einzelnen Landwirt gelten. Der Zeitpunkt, ab dem es verboten ist, eine Wiese zu walzen, soll dort, wo es die Witterung fordert, flexibler gehandhabt werden können. Bei Auswahl und Beschaffun­g der Flächen für den Biotopverb­und will die Staatsregi­erung größere Flexibilit­ät garantiere­n. Und für Streuobstw­iesen, die als Biotope gesetzlich geschützt werden, soll es einen finanziell­en Ausgleich geben.

 ?? Foto: Armin Weigel, dpa ?? Bayerns Staatsregi­erung will den Landwirten unter anderem mit Ausgleichs­zahlungen entgegenko­mmen, um dem Artenschut­z gerechter zu werden. Auch sollen einige heikle Punkte aus dem Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“abgemilder­t werden.
Foto: Armin Weigel, dpa Bayerns Staatsregi­erung will den Landwirten unter anderem mit Ausgleichs­zahlungen entgegenko­mmen, um dem Artenschut­z gerechter zu werden. Auch sollen einige heikle Punkte aus dem Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“abgemilder­t werden.

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