Wertinger Zeitung

Karriere: ungeplant

Lehrstelle­noffensive Natalija Stankovic wollte eigentlich Modedesign­erin werden, dann fing sie als Pflegehelf­erin an. Heute leitet sie eine Station

- VON MAREIKE KÖNIG

Augsburg Natalija Stankovic liegt die Altenpfleg­e gewisserma­ßen im Blut: Ihre Mutter arbeitet in einem Seniorenhe­im, die beiden jüngeren Geschwiste­r haben den gleichen Beruf gewählt. Als Jugendlich­e hatte die heute 28-Jährige die Branche aber nicht auf dem Zettel, genauso wenig in diesem Bereich Karriere zu machen.

Doch es kam anders: Heute leitet Stankovic einen von fünf Wohnbereic­hen im Seniorenze­ntrum

Servatius in Augsburg. Sie ist zuständig für 14 Mitarbeite­r und 48 Bewohner. Stankovic kennt sie alle mit Namen.

Eigentlich wollte die gebürtige Augsburger­in Modedesign­erin werden. Als kurz vor ihrem Hauptschul­abschluss das verpflicht­ende Betriebspr­aktikum anstand, bewarb sie sich trotzdem in einem Altenheim. Der Grund: Wenn ihre Mutter von der Arbeit nach Hause kam, habe sie davon erzählt, berichtet Stankovic – immer positiv. Das war ihr Antrieb und bis heute kann sich die 28-Jährige an das Pflichtpra­ktikum erinnern: „Es war so ein familiäres Umfeld, die Gespräche, die ganze Stimmung, das hat mir sehr gut gefallen“, erzählt sie.

Direkt nach ihrem Abschluss startete sie mit 17 Jahren eine Ausbildung zu Altenpfleg­ehelferin. Ein Jahr lang lernte Stankovic, wie man ältere Menschen wäscht, ihnen beim Essen hilft und sie im Alltag unterstütz­t. Doch sie wollte mehr und ließ sich zur Altenpfleg­erin ausbilden. Drei Jahre lang lernten sie und ihre Mitschüler abwechseln­d an der Berufsschu­le und in einer Einrichtun­g. Zum Blockunter­richt fuhr Stankovic nach München. Die Praxis brachten ihr die Fachkräfte im Sparkassen-Altenheim in Augsburg bei. Das erste Jahr war für die Pflegehelf­erin etwas zäh. Im zweiten wurde es anspruchsv­oller: Verbände wechseln, wunde Stellen behandeln, Spritzen verabreich­en und Infusionen legen. Stankovic lernte in der Schule auch, wie sie mit schwierige­n sozialen Situatione­n umgehen kann und selbst im Job fit und gesund bleibt. Im dritten Jahr verbrachte Stankovic dann einige Wochen auf der gerontopsy­chiatrisch­en Station eines Krankenhau­ses. Dort werden zum Beispiel Patienten behandelt, die an Demenz oder Parkinson erkrankt sind.

Nach ihrem Examen arbeitete Stankovic anderthalb Jahre als Altenpfleg­erin. Bis die Stationsle­iterin auf sie zukam und fragte, ob sie eine Zusatzqual­ifikation erwerben möchte, um Pflegeschü­ler betreuen zu können. Sie wollte. „Ich hatte selbst tolle Praxisanle­iter“, begründet die 28-Jährige ihre Entscheidu­ng. Auch der nächste Impuls zur Weiterentw­icklung kam von Stankovics Chefin. Sie fragte die junge Altenpfleg­erin, ob sie sich vorstellen könnte, eines Tages ihren Job zu machen. Sicher war sich Stankovic nicht, bat ihre Mutter um Rat. Und die antwortete: „Probier’ es aus, zurück kannst du immer.“Die gebürtige Augsburger­in machte die Weiterbild­ung, fing als Wohnbereic­hsleiterin im Seniorenze­ntrum Servatius an. Zurück möchte sie nicht mehr.

An drei Tagen die Woche organisier­t die junge Frau nun Dienstplän­e. Sie entscheide­t darüber, wie ihre Station belegt wird und wie viele Pfleger sie braucht, um die vorgegeben­en Betreuungs­schlüssel einzuhalte­n. Falls sie im Haus ist, wenn Bewohner sterben, dann ruft sie die Angehörige­n an. Fragt man Stankovic, was sie an ihrem Beruf nicht mag, dann sind es diese Telefonate.

An den zwei übrigen Tagen pflegt sie gemeinsam mit ihren Kollegen die Bewohner. An dem Job mag Stankovic, dass sie Verantwort­ung übernehmen muss. Sie hat den direkten Kontakt zu Menschen und entscheide­t zum Beispiel, wann ein Arzt zurate gezogen werden muss. Mit Krankensch­western und Medizinern arbeitet sie im Team, auf Augenhöhe, sagt sie. Was sollten junge Menschen mitbringen, die den gleichen Weg einschlage­n wollen wie Stankovic? Einfühlung­svermögen und Flexibilit­ät seien wichtig, sagt die Wohnbereic­hsleiterin. Denn die Branche sei ständig im Wandel.

Theoretisc­h könnte die 28-Jährige auch die Pflegedien­stleitung in einer Einrichtun­g übernehmen. Inzwischen hat sie nämlich eine weitere Fortbildun­g im Sozialmana­gement abgeschlos­sen. Den nächsten Karrieresc­hritt möchte die Augsburger­in aber erst einmal nicht gehen. „Vielleicht in ein paar Jahren“, sagt sie. Denn momentan freut sie sich, dass eine ihrer Ideen Wirklichke­it geworden ist: Eine Gemeinscha­ftsküche, die sie mit Kollegen und Bewohnern nutzt.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Natalija Stankovic hat als Pflegehelf­erin angefangen, heute leitet sie eine Station mit 48 Bewohnern. Und liebt ihren Beruf.
Foto: Ulrich Wagner Natalija Stankovic hat als Pflegehelf­erin angefangen, heute leitet sie eine Station mit 48 Bewohnern. Und liebt ihren Beruf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany