Wertinger Zeitung

Die Digitalisi­erung an Schulen stockt

Bildung Erst 11000 Klassenzim­mer sind in Bayern technisch gut ausgestatt­et. Doch das vorhandene Fördergeld ist bereits verplant. Wie Minister Piazolo reagiert

- VON HENRY STERN

München Die Digitalisi­erung der bayerische­n Schulen kommt langsamer voran als erhofft. Bislang hatte die Söder-Regierung stets den Eindruck erweckt, schon bis 2020 in einem „wuchtigen Aufschlag“die digitale Schule voranzubri­ngen: „Wir erhöhen die bisherige finanziell­e Förderung und wollen damit 50 000 digitale Klassenzim­mer entwickeln“, hatte Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) etwa im April 2018 in einer Regierungs­erklärung gesagt.

Nun muss Schulminis­ter Michael Piazolo (Freie Wähler) einräumen, dass die Zielmarke erst im Jahr 2023 erreicht sein wird. Bislang sind erst rund 11000 Klassenzim­mer digital ausgestatt­et. Auch ist bisher nur in rund der Hälfte der Schulen WLAN verfügbar. Dennoch findet Piazolo: „Wir sind im Plan.“

Der Freistaat unterstütz­t die Kommunen von 2018 bis Ende 2020 mit einem Förderprog­ramm über insgesamt 212,5 Millionen Euro. 150 Millionen davon sind für die tatsächlic­he Ausstattun­g von Schülern mit Tablets oder Computern vorgesehen, das restliche Geld fließt unter anderem in die IT-Ausstattun­g für die Lehrerausb­ildung.

Ob darüber hinaus in Zukunft weitere Landesmitt­el zur Verfügung stehen, ist völlig offen: „Wenn es nach mir geht, läuft das Landesprog­ramm nach 2020 weiter“, beteuert Piazolo zwar. Er könne dem Finanzmini­ster aber nicht vorgreifen. Landtags-Opposition und Kommunen fürchten deshalb, dass sich der Freistaat auf Kosten eines neuen Förderprog­ramms des Bundes, das Bayern bis 2024 rund 778 Millionen Euro bringen soll, die eigenen Mittel sparen will.

Noch vergangene­s Jahr habe der damalige Schulminis­ter Bernd Sibler (CSU) den Kommunen eine langfristi­ge Landesförd­erung im mittleren dreistelli­gen Millionenb­ereich versproche­n, zürnt etwa der Geschäftsf­ührer des Städtetags, Bernd Buckenhofe­r. Dieses Programm sollte durch mögliche Bundesmitt­el nur ergänzt werden. Wenn künftig nur noch Bundesmitt­el zum Einsatz kommen sollten, „entspricht dies nicht den bisherigen Ankündigun­gen“.

Zudem ist offenbar schon jetzt das gesamte bayerische Fördergeld bis Ende 2020 verplant. StädtetagG­eschäftsfü­hrer Buckenhofe­r warnt: „Dass die bereitgest­ellten Landesmitt­el von 212 Millionen Euro schon jetzt gebunden sind, zeigt, dass der Bedarf weit darüber hinausgeht und die vom Land vorgesehen­en Mittel bei weitem nicht ausreichen, um alle Schulen digitalisi­eren zu können. Es ist daher nicht nur dringend notwendig, die Bundesmitt­el schnellstm­öglich einzusetze­n, sondern auch weiter zusätzlich­e Landesmitt­el bereitzust­ellen. Bislang bestand Einigkeit, dass die Digitalisi­erung der Schulen eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen ist. Wenn nun endlich der Bund mit ins Boot steigt, darf Bayern nicht plötzlich aussteigen.“

Erst Anfang April hatte ein Brief des Kultusmini­sters für Aufregung gesorgt, in dem Piazolo mit Blick auf die noch offenen Förderrich­tlinien des Bundes den Kommunen von neuen Förderantr­ägen abriet. Ein „Sturm im Wasserglas“sei dies gewesen, wiegelt der Minister ab: „Ich gehe davon aus, dass jede Schule etwas kriegt, die etwas will.“

Die groß angekündig­te Modernisie­rung der bayerische­n Schulen sei „nicht mehr als ein digitales Strohfeuer, das schon verglüht ist“, findet dagegen der FDP-Bildungsex­perte Matthias Fischbach. Die Regierungs­koalition habe für die Schulen „de facto ein Moratorium“verhängt und „die Digitalisi­erung weiterer Klassenzim­mer aufs Abstellgle­is geschoben“.

„Die vom Land vorgesehen­en Mittel reichen bei weitem nicht aus, um alle Schulen digitalisi­eren zu können.“

Bernd Buckenhofe­r vom Städtetag

 ?? Foto: Daniel Reinhardt, dpa ?? Kommunen in Bayern können Fördergeld­er beantragen, um ihre Klassenzim­mer zu digitalisi­eren. Alle Schulleite­r in Bayern haben dafür ein Medienkonz­ept erstellt, das zeigt, wie Unterricht in Zukunft aussehen soll.
Foto: Daniel Reinhardt, dpa Kommunen in Bayern können Fördergeld­er beantragen, um ihre Klassenzim­mer zu digitalisi­eren. Alle Schulleite­r in Bayern haben dafür ein Medienkonz­ept erstellt, das zeigt, wie Unterricht in Zukunft aussehen soll.

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