Albtraum in Weiß
Tatort: Inferno
ARD, Sonntag, 20.15 Uhr In diesem Dortmunder Krankenhaus möchte man nicht behandelt werden. Und schon gar nicht der Kriminalpolizei ausgesetzt sein. An diesem Tatort, an dem Hauptkommissare auf Halbgötter in Weiß treffen, findet eine Pflegerin den leblosen Körper der Internistin Gisela Mohnheim. Über ihren Kopf ist eine Plastiktüte gestülpt. Es herrscht logischerweise Ausnahmezustand:. Die Mediziner versuchen zu retten, was zu retten ist, die Polizisten, allen voran Peter Faber (Jörg Hartmann), wollen den Mörder überführen. Es ist ein bizarrer „Tatort“geworden, den Drehbuchautor Markus Busch sich ausgedacht hat und den Richard Huber in fast surreal montiertem Kameralicht in Szene gesetzt hat.
Im Mittelpunkt des Albtraums steht Hauptkommissar Faber, den mehr denn je schmerzhafte Bilder von seiner ermordeten Familie heimsuchen. Aber auch Fahnderin Nora Dalay erleidet eine Panikattacke, während Faber, der längst versetzt gehört, sich immer häufiger in seine inneren Dämonen hineinsteigert. Kollegin Martina Bönisch (Anna Schudt) fungiert als Einzige als ruhender Pol in dem zunächst unüberschaubaren Kreis der Verdächtigen. Der Zuschauer fragt sich zwangsläufig – und jetzt wird es kompliziert – , welche Rolle der Stationsleiter und Psychologe Dr. Andreas Norstädter (eindrucksvoll: Alex Brendemühl) spielt, zumal er seine Kollegin Mohnheim mit Psychopharmaka versorgte und sich eine Liebschaft mit ihr gönnte. Er sieht dem traurig wirkenden Faber sofort an, dass er Antidepressiva nimmt. Von ihm verspricht sich der Ermittler nicht nur Hilfe gegen seine seelischen Schmerzen, sondern auch Hinweise auf den Mord.
„Inferno“ist ein guter „Tatort“geworden, trotz der üblichen Schiebetüren und sterilen Krankenhausflure. Die Erzählung ist nah bei den Charakteren, die Gesichter belegen, wie der atmosphärische Film besonders im Finale vieles von sich selbst verrät: Mit dem Blick auf Panik, Verzweiflung, Angst und Übermüdung. Ein großes Kompliment übrigens an den Schauspieler Jörg Hartmann. Rupert Huber