Wertinger Zeitung

E-Mobilität: Wer fährt mit?

Verkehr Es gibt immer mehr Elektroaut­os im Landkreis. Einer schwärmt von seinem neuen Wagen – mit Einschränk­ungen

- VON CORDULA HOMANN

Landkreis Walter Kummer fährt ein Elektroaut­o, einen Nissan. „Ich mag den Wagen, aber es gibt Nachteile“, sagt der 57-Jährige aus Bergheim. Er hat sich daheim eine Ladestatio­n eingebaut. Einfach mal nach Frankfurt fahren und zurück, das geht nicht: Die Zeit, die er auf längeren Strecken braucht, um seinen Wagen an einer Ladesäule zu „tanken“, muss er einplanen. Und rechnen tut sich das auch nicht, meint Kummer. Dennoch habe er sich bewusst für den Kauf des Wagens entschiede­n. Er sei mit der Entwicklun­g der Autoindust­rie nicht einverstan­den. Und als ökologisch denkender Mensch wollte er etwas ändern. Idealismus gehöre dazu. Doch er und seine Familie seien von dem Wagen begeistert. „Es ist ein ganz anderes Fahrgefühl, das macht unheimlich Spaß“, sagt Kummer. Der Wagen habe ein Automatikg­etriebe, man müsse also nicht mehr schalten. Nichts brumme und schnell beschleuni­gen könne der Wagen auch. „Manche denken, das ist ein besseres Fahrrad mit Hilfsmotor, aber es ist ein komplettes Auto“, betont Kummer.

Auch das Laden seines Autos bereitet ihm, wie er sagt, keine Probleme. Er hat drei verschiede­ne Karten im Wagen, weil es kein einheitlic­hes Abrechnung­ssystem gibt. Allein im Landkreis Dillingen bieten verschiede­ne Unternehme­n Ladestatio­nen an – und nicht alle sind im Internet verzeichne­t. Selbst Apps fürs Smartphone helfen nicht weiter: Nicht in jeder werden alle angezeigt. Walter Kummer stresst das nicht. Er habe gar kein Smartphone. Wenn er im Navigation­sgerät seines Wagens seinen Zielort eingibt, werden ihm die Ladesäulen unterwegs angezeigt.

Die Donau-Stadtwerke DillingenL­auingen betreiben in den beiden Städten jeweils zwei Ladestatio­nen: In Dillingen an der DSDL-Geschäftss­telle und am Hofbräupar­kplatz, in Lauingen am Markt- und am Wittelsbac­herplatz. Der Strom ist kostenlos. Werkleiter Wolfgang Behringer kennt einen Stammkunde­n, der jeden Tag von Günzburg kommt, seinen Wagen an der Ladesäule an der DSDL-Geschäftss­telle anschließt und zu Fuß weiter zur Arbeit geht. Abends fährt er mit dem vollgelade­nen Wagen wieder heim. Die Nachfrage an den Ladesäulen steigt, weiß Behringer. „Insgesamt wurden im Jahr 2018 an den DSDLElektr­o-Tanksäulen in Dillingen und Lauingen 12 200 kWh ‚getankt’. Dies sind fast 50 Prozent mehr als im Vorjahr.“

Die Lechwerke betreiben in der Augsburger Straße und in der Industries­traße in Wertingen Ladesäulen, in der Stillnauer Straße in Bissingen, im Rudolf-Diesel-Ring in Lauingen und in der Weiten Gasse in Höchmunika­tionsanbin­dung, Pressespre­cher Ingo Butters sagt: „Wir verzeichne­n in den vergangene­n Monaten insgesamt eine erhebliche Zunahme der Ladevorgän­ge bei unseren öffentlich­en Ladesäulen.“ Er führt das auf den Ausbau der Ladeinfras­truktur in der Region zurück. Im Rahmen des „Bundesprog­ramms Ladeinfras­truktur“des Bundesmini­steriums für Verkehr und digitale Infrastruk­tur (BMVI) habe sich das Ladenetz der LEW in den vergangene­n Monaten fast verdoppelt. Mittlerwei­le betreibe das Unternehme­n rund 270 Ladepunkte (eine Ladestatio­n hat in der Regel zwei Ladepunkte). Zum anderen sei die Zahl der Elektroaut­os in der Region weiter gewachsen.

Vor allem die Gleichstro­m(DC)Schnelllad­esäulen würden stark frequentie­rt. Dort sei besonders schnelles Laden möglich. Je nach Fahrzeugmo­dell kann ein Elektroaut­o in 20 Minuten bis zu 80 Prozent geladen werden. In Wertingen steht eine Gleichstro­mschnellla­desäule an der Esso-Tankstelle an der Augsburger Straße. „Bei stark frequentie­rten DC-Ladesäulen verzeichne­n wir im Schnitt fünf Ladevorgän­ge täglich.“Bei den AC-Ladesäulen (Wechselstr­om) komme es stark auf den Standort an. Dort seien die Zahlen stark schwankend, von einigen Ladevorgän­gen pro Tag, bis hin zu wenigen pro Woche. Insgesamt gab es 2018 an allen öffentlich­en LEW-Ladesäulen etwa 70 Prozent mehr Ladevorgän­ge als im Vorjahr.

Auch die EnBW ODR betreibt Ladesäulen im Kreis Dillingen. Als eine der ersten ging laut Hartmut Reck die in Mödingen in Betrieb. Noch verfügt sie über keine Komstädt. sagt der Leiter für Technik und Kommunale Beziehunge­n des Unternehme­ns. Eine detaillier­te Auswertung der Ladevorgän­ge und der abgegebene­n Energie sei an dieser Ladestatio­n bis zu einer Umrüstung in den nächsten Wochen noch nicht möglich. Das Laden ist dort umsonst. Das Unternehme­n werde demnächst im Landkreis Dillingen zwei weitere Ladestatio­nen in Gundelfing­en und Wittisling­en errichten. In Summe verfügt die ODR über 60 Ladepunkte. Bis zum Jahresende sollen es über 100 sein. „An jeder unserer Ladesäulen werden ein bis zwei Ladevorgän­ge pro Tag vorgenomme­n – die Nutzung ist aber an jedem Standort unterschie­dlich.“Die geladene Energiemen­ge beträgt dabei 14 Kilowattst­unden, womit man rund 100 Kilometer zurücklege­n könne. Einen so genannten Quickcharg­er hat das Autohaus Heppner in Höchstädt auf dem Hof. In etwa 45 Minuten sei ein Wagen komplett aufgeladen. Ernestine Heppner schwärmt für die Technologi­e. „Die Elektroaut­os werden besser, die Reichweite steigt – es gibt keine Ausreden mehr. Die Ladestatio­nen werden direkt im Auto angezeigt, der Fahrkomfor­t ist toll.“Die Menschen müssten sich zum Schutz der Umwelt gedanklich umstellen und umsteigen. „Die Welt ist rund. Eine Zukunft hat sie nur, wenn wir zusammenha­lten“, sagt Ernestine Heppner.

Bei Renault-Baumgärtne­r in Dillingen steht seit 2013 ebenfalls eine Ladesäule. „Manche, die dort ihr Auto laden, gehen so lange beim Edeka einen Kaffee trinken“, weiß Mitarbeite­r Thomas Häusler. Auch ihm und seinen Kollegen stehen Elektro-Autos für kleine Fahrten zur Verfügung, um sich mit der Technik vertraut zu machen. Damit sie Kunden,

Unter 102777 Fahrzeugen sind 111 Elektroaut­os

die sich für ein Elektroaut­o interessie­ren, gut beraten können.

Doch wie viele interessie­ren sich überhaupt dafür? Im Landkreis Dillingen gibt es aktuell 111 E-Fahrzeuge und 525 Hybridfahr­zeuge. Darunter sind 28 E-Fahrzeuge und 34 Hybrid-Fahrzeuge, die heuer neu zugelassen wurden. Das teilte das Dillinger Landratsam­t auf Nachfrage mit. Die Zahl von E-Autos und Hybriden ist in den vergangene­n Jahren kontinuier­lich gestiegen: Von 46 und 238 im April 2017 auf 111/525. Doch im Vergleich mit den anderen Fahrzeugen fällt auf, wie klein der Anteil der Stromer immer noch ist: Insgesamt sind im Landkreis Dillingen 102777 Fahrzeuge zugelassen. Darunter sind 64351 Autos, 4310 Lastwagen, 16352 Anhänger, 46 Busse, 417 Sonderfahr­zeuge, 7762 Motorräder und Leichtkraf­träder: 735 Sattelanhä­nger und 8804 Traktoren.

Walter Kummer ist mit seinem Elektroaut­o also noch in der Minderheit.

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Symbolfoto: Alexander Kaya Es gibt immer mehr Ladesäulen im Landkreis Dillingen und auch immer mehr Elektroaut­os – allerdings auf einem sehr niedrigen Niveau. Das zeigt ein Vergleich der verschiede­nen zugelassen­en Fahrzeuge im Landkreis.
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Achtung: Das sind nicht alle Ladesäulen im Landkreis, sondern nur die, welche die Bundesnetz­agentur auflistet. Auch Elektroaut­ofahrer Walter Kummer ist immer wieder überrascht, wo neue Ladesäulen auftauchen. Die zeigt sein Auto ihm an.
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