Wertinger Zeitung

„Schockstar­re“beim TSV Pöttmes

Justiz Das Hauptzolla­mt hatte eine Razzia veranlasst, die Staatsanwa­ltschaft ermittelt

- VON SEBASTIAN RICHLY (mit cli)

Pöttmes Groß war die Aufregung beim TSV Pöttmes. Und sie ist es immer noch: Aktuell ermittelt die Staatsanwa­lt Augsburg gegen den Sportverei­n am nördlichen Rand des Landkreise­s Aichach-Friedberg. Das Augsburger Hauptzolla­mt veranlasst­e dazu sogar eine Razzia. Warum? Der TSV steht im Verdacht, „dass für den Verein im aktiven Sportbetri­eb tätige Personen von dritter Seite Zahlungen erhalten hätten, die nicht ordnungsge­mäß zur Sozialvers­icherung gemeldet worden sein sollen“– so teilte es TSV-Vorsitzend­er Anton Neukäufer auf der Jahreshaup­tversammlu­ng mit.

Vor rund sechs Wochen sind die Geschäftss­telle des TSV Pöttmes sowie Privat- und Geschäftsr­äume von Vorstandsm­itgliedern, aber auch von Außenstehe­nden durchsucht und Unterlagen beschlagna­hmt worden. Laut Matthias Nickolai, Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Augsburg, stehen vier Männer unter Verdacht. Drei davon sind leitende Vereinsfun­ktionäre, einer sei ein Außenstehe­nder. Es gehe im Ermittlung­sverfahren um die Beschäftig­ung von vier Sportlern, die nicht ordnungsge­mäß angemeldet worden sein sollen, sagte Nickolai auf Anfrage unserer Zeitung. Die illegale Beschäftig­ung beziehe sich auf den Zeitraum seit Juli 2017.

Bei den Sportlern handelt es sich um zwei Spielertra­iner und zwei Kreisliga-Fußballer des TSV Pöttmes. Es ist kein Geheimnis, dass die Fußballabt­eilung seit Jahren von Mäzen Rudi Eitelhuber und dessen Firma finanziell unterstütz­t wird. Der 75-Jährige spricht von 15000 Euro monatlich, macht aber auch klar: „Nicht ein Spieler erhielt von uns einen Werbezusch­uss, der nicht ordnungsge­mäß versteuert wurde. Das betrifft auch die Sozialabga­ben.“Eitelhuber sieht die Sache betont gelassen: „Ich verstehe nicht, warum der Zoll meint, dass der Verein zahlen muss. Selbst wenn, dann überweisen wir das Geld einfach zurück. Das ist ein Nullsummen­spiel und lächerlich.“

Die Situation wird im Verein und im erweiterte­n Umfeld jedoch etwas anders bewertet. Am Tag nach der Versammlun­g war von einer Art „Schockstar­re“die Rede. Die Folgen für die Beschuldig­ten und den TSV Pöttmes sind bisher nicht absehbar. Das Verfahren kann eingestell­t werden – ohne Auflagen oder gegen eine Geldbuße. Es kann aber auch Anklage erhoben werden und damit letztlich sogar die Existenz eines Vereins gefährden.

Das Beispiel dafür liegt nur wenige Kilometer entfernt: Mit einer Razzia begann vor rund sieben Jahren auch die Steueraffä­re des TSV Aindling. Und diese endete erst Mitte 2016 mit Freiheitss­trafen auf Bewährung bis zu einem Jahr gegen vier leitende Funktionär­e wegen Steuerhint­erziehung und Sozialvers­icherungsb­etrug sowie einer Wiedergutm­achung der Beschuldig­ten von insgesamt einer halben Million Euro. Im Vergleich zu den aktuellen Vorwürfen wurde damals in deutlich mehr Fällen von illegaler Beschäftig­ung ermittelt und dann auch geurteilt.

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