Blumenwiesen statt Rasen?
Wie kann man denn bitte in Zeiten alternativloser allgemeiner Insektenrettungsmission noch für den lärmenden, alles nieder machenden Rasenmäher sein? Wie die künstlich gestutzte Einfalt in Grün der bunt blühenden Vielfalt der Naturschönheit bevorzugen? Was muss man da für ein ignoranter Mensch sein?
Vielleicht einer, der den Garten als Nutzfläche mag? Denn Kinder sollen doch in Gärten kicken und Frisbees werfen, Badminton spielen und auf improvisierten Wasserbahnen rutschen, auch Erwachsene Krocket oder Boccia spielen. Und ein heimisches Picknick kann ja auch so was Schönes sein, mit womöglich über den Rasen wegkrabbelnden Babys und nicht mehr Zecken als unbedingt nötig.
Es steckt dahinter auch eine allzu feine Wendung der Kulturgeschichte. Den gepflegten Rasen erfunden haben einst englische und französische Herrscher im späten
Mittelalter. Er war Ausdruck des Luxus um die Schlösser, nutzlos und pflegeintensiv, wurde zum Markenzeichen des Adels, ein Symbol der Macht, außerhalb der Feierlichkeiten markiert durch ein Schild: „Rasen betreten verboten!“Doch die Zeiten änderten sich, wurden demokratisch, brachten Wohlstand und Grund auch zu Normalsterblichen. Die aber nie im Leben darauf gekommen wären, Verbotsschilder aufzustellen. Im eigenen Grün sollte die Familie alltäglich das Freizeitleben genießen.
Jetzt aber sollen doch wieder Gebote auftauchen, moralische oder auch nur ästhetische. Denn der gute Mensch liebt die wimmelnde, wuchernde Wiese. Die neue Macht sorgt für die romantisch verklärte Natur. Dabei kann Zivilisation wirklich etwas Freudvolles, wenn sie halt auch ihren Platz hat. Umgeben von Blumen und Gemüsen in Beeten, durchsetzt von Obstbäumen . So schön.