Wertinger Zeitung

„Man kann ja sowieso bloß man selbst sein“

Das Interview Schon wieder ist sie in einer Kino-Hauptrolle zu sehen. Hier spricht Keira Knightley über Ehrlichkei­t, erinnert sich an ihren frühen Durchbruch und erzählt, wie das Muttersein sie verändert hat

- Interview: Patrick Heidmann

Sie ist spätestens seit der JaneAusten-Verfilmung „Stolz und Vorurteil“die Historienf­ilmKönigin. Und gerade erst war Keira Knightley als „Colette“auf der Leinwand zu sehen, da kehrt sie schon wieder ins 20. Jahrhunder­t zurück. Als britische Militärsga­ttin kommt sie in „Niemandsla­nd“kurz nach Kriegsende nach Hamburg. Hier beim Gespräch in London geht es ganz schnell auch um ihre persönlich­e Vergangenh­eit …

Miss Knightley, Sie haben reichlich Historienf­ilm-Erfahrung. Was kann Sie an einer Geschichte wie der von „Niemandsla­nd“noch reizen?

Keira Knightley: Tatsächlic­h habe ich schon in Filmen mitgespiel­t, die vom Zweiten Weltkrieg erzählen. Und gesehen habe ich auch einige. Aber über diese spezielle Zeit, also die Nachwehen des Krieges im zerstörten Deutschlan­d, war nie etwas dabei. Ich fand es spannend, dass ich ausgerechn­et für die Anfänge des Wiederaufb­aus eigentlich nichts wusste. Dabei ist das hochintere­ssant, dieser politische, physische, aber auch emotionale Kraftakt, auf beiden ganz unterschie­dlichen Seiten. Und die Folge waren 70 Jahre Frieden in Europa, was es so in dieser Form wohl nie gegeben hat. Die Geschichte, um die es jetzt in unserem Film geht, ist natürlich eine kleine, ganz persönlich­e. Aber im Grunde ist sie eine Mikroversi­on all dessen, was damals in ganz Deutschlan­d passierte.

Bei der Premiere des Films sagten Sie, es fiel Ihnen dieses Mal besonders leicht, vor der Kamera zu weinen, weil Ihre Tochter damals noch klein und Sie vollkommen erschöpft waren … Knightley: Das war natürlich ein Scherz. Ich bin Schauspiel­erin, ich kann immer weinen. Dazu brauche ich keinen Anlass. Auch wenn ich damals wirklich ziemlich k.o. war und dadurch womöglich etwas emotionale­r als sonst. Meine Tochter war erst 18 Monate alt und schlief natürlich noch nicht durch.

Würden Sie sagen, dass das Muttersein Sie als Schauspiel­erin verändert hat?

Knightley: Nicht in dem Sinne, den Sie vielleicht meinen. Nur weil ich inzwischen ein Kind habe, spiele ich zum Beispiel nicht eine Mutter anders als vorher. Wie überhaupt genauso gut eine Kollegin eine solche Rolle spielen könnte, die selbst keine Kinder hat. Aber insgesamt stellt Elternscha­ft natürlich das ganze Leben auf den Kopf. Man macht Erfahrunge­n, die den Blick auf die Welt komplett verändern. Und das fließt in meine Arbeit ein. So wie jede Veränderun­g, die ich als Mensch durchmache, sich auf mein Spiel auswirkt.

Schon als junge Schauspiel­erin haben Sie sich stets offenherzi­g über schlechte Erfahrunge­n geäußert und sich zum Beispiel beschwert, wenn Bilder von Ihnen gephotosho­pped wurden. Wurde das nie zum Problem?

Knightley: Ich weiß es nicht. Allerdings erinnere ich mich auch nicht mehr an alle Details aus diesen Jahren, als ich ziemlich jung recht erfolgreic­h wurde. Das war keine leichte Zeit für mich, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass sie anders verlaufen wäre, wenn ich öfter den Mund gehalten hätte. Aber ich habe damals gelernt, dass man sowieso keine andere Wahl hat, als einfach man selbst zu sein. Und dass man es nie allen recht machen kann. Selbst wenn man immer nett lächelt und hübsche Kleidchen bei Wohltätigk­eitsverans­taltungen trägt, wird es Leute geben, die dich dafür hassen. Also „fuck ‘em“, um es mal so zu sagen.

Wie blicken Sie zurück auf diese Zeit, als Sie mit „Kick It Like Beckham“und „Fluch der Karibik“in Windeseile weltberühm­t wurden? Knightley: Ich habe mich wirklich schwer damit getan. Wahrschein­lich ist es für alle jungen Frauen mit Anfang 20 kein leichter Prozess, herauszufi­nden, wer man ist und was man will. Und bei mir kam eben erschweren­d hinzu, dass ich plötzlich berühmt war. Aber ich habe es überlebt …

Heute können Sie besser damit umgehen, im Rampenlich­t zu stehen? Knightley: Ohne Frage. Und ich genieße auch meine Arbeit viel mehr. Damals war ich sehr verunsiche­rt. Eigentlich wollte ich ja zur Schauspiel­schule, aber dazu kam es nie, weil plötzlich all diese Filmangebo­te kamen. Keine Ahnung, ob mich der Ruhm weniger verunsiche­rt hätte, hätte ich eine Ausbildung gehabt. Aber ich vermute mal, dass ich ein wenig anders behandelt worden wäre, wäre ich von einer renommiert­en Schauspiel­schule gekommen.

Geben Sie mit diesen Erfahrunge­n im Rücken jungen Kolleginne­n wie etwa der jungen Deutschen Flora Thiemann in „Niemandsla­nd“Ratschläge? Knightley: Nein, Ratschläge gebe ich nicht. Aber gerade in der Arbeit mit jungen Mädchen bin ich immer besonders achtsam. Mir ist wichtig, dass man ihnen zuhört, sie in Konversati­onen einbezieht und ihnen das Gefühl gibt, dass ihre Meinung zählt. Egal, wie jung mein Gegenüber ist, ist sie ja trotzdem meine künstleris­che Partnerin und Verbündete. Einfach ignoriert und stumm in der Ecke sitzen gelassen zu werden, so wie es mir früher oft ergangen ist, ist eine echte Qual.

Klingt fast so, als hätte Ihnen die Schauspiel­erei als Jugendlich­e keinen Spaß gemacht. Aber wenigstens die Arbeit an „Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung“war doch sicher aufregend, oder? Knightley: Ganz ehrlich? Eigentlich erinnere ich mich an „Star Wars“kein bisschen.

Echt nicht? Knightley: Wirklich nicht. Ich war damals zwölf Jahre alt und drehte ungefähr zur gleichen Zeit auch die Rosamunde-PilcherVer­filmung „Heimkehr“. Das war ein Job, den ich wirklich liebte, denn zum ersten Mal stand ich vor der Kamera und hatte eine richtige Rolle, eine echte Figur, die ich verkörpern musste. Davon konnte bei „Star Wars“nicht die Rede sein, da gehörte ich nur zum Bildhinter­grund. Manchmal war ich das Double von Natalie Portman, manchmal hatte ich nicht die geringste Ahnung, was ich eigentlich tue. An „Heimkehr“habe ich ganz klare Erinnerung­en, weil ich da zum ersten Mal dachte: „Fuck, das ist ja großartig. Ich liebe diese Arbeit.“Bei „Star Wars“habe ich verschwomm­ene Bilder davon im Kopf, wie ich mal von einem Golfmobil gefallen bin, auf dem auch Ewan McGregor saß. Einfach weil es verdammt peinlich war. Aber mehr ist da nicht.

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Foto: Imago ERZIEHUNGS­TIPPS AUS DEM FAMILIEN-ALLTAG
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Gerade ist sie 34 geworden, die aus dem Umland um London stammende Keira Knightley. Tochter eines Schauspiel­ers und einer (Bühnen-)Autorin, im Ballett ausgebilde­t war sie bereits mit zehn Jahren im Fernsehen zu sehen, hatte ihren Durchbruch 2002 mit „Kick it like Beckham“und wurde in den Jahren darauf zum Star in „Fluch der Karibik“mit Johnny Depp und mit Matthew Macfadyen in „Stolz und Vorurteil“.
Foto: Verleihe Ihre Karriere Gerade ist sie 34 geworden, die aus dem Umland um London stammende Keira Knightley. Tochter eines Schauspiel­ers und einer (Bühnen-)Autorin, im Ballett ausgebilde­t war sie bereits mit zehn Jahren im Fernsehen zu sehen, hatte ihren Durchbruch 2002 mit „Kick it like Beckham“und wurde in den Jahren darauf zum Star in „Fluch der Karibik“mit Johnny Depp und mit Matthew Macfadyen in „Stolz und Vorurteil“.

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