„Man kann ja sowieso bloß man selbst sein“
Das Interview Schon wieder ist sie in einer Kino-Hauptrolle zu sehen. Hier spricht Keira Knightley über Ehrlichkeit, erinnert sich an ihren frühen Durchbruch und erzählt, wie das Muttersein sie verändert hat
Sie ist spätestens seit der JaneAusten-Verfilmung „Stolz und Vorurteil“die HistorienfilmKönigin. Und gerade erst war Keira Knightley als „Colette“auf der Leinwand zu sehen, da kehrt sie schon wieder ins 20. Jahrhundert zurück. Als britische Militärsgattin kommt sie in „Niemandsland“kurz nach Kriegsende nach Hamburg. Hier beim Gespräch in London geht es ganz schnell auch um ihre persönliche Vergangenheit …
Miss Knightley, Sie haben reichlich Historienfilm-Erfahrung. Was kann Sie an einer Geschichte wie der von „Niemandsland“noch reizen?
Keira Knightley: Tatsächlich habe ich schon in Filmen mitgespielt, die vom Zweiten Weltkrieg erzählen. Und gesehen habe ich auch einige. Aber über diese spezielle Zeit, also die Nachwehen des Krieges im zerstörten Deutschland, war nie etwas dabei. Ich fand es spannend, dass ich ausgerechnet für die Anfänge des Wiederaufbaus eigentlich nichts wusste. Dabei ist das hochinteressant, dieser politische, physische, aber auch emotionale Kraftakt, auf beiden ganz unterschiedlichen Seiten. Und die Folge waren 70 Jahre Frieden in Europa, was es so in dieser Form wohl nie gegeben hat. Die Geschichte, um die es jetzt in unserem Film geht, ist natürlich eine kleine, ganz persönliche. Aber im Grunde ist sie eine Mikroversion all dessen, was damals in ganz Deutschland passierte.
Bei der Premiere des Films sagten Sie, es fiel Ihnen dieses Mal besonders leicht, vor der Kamera zu weinen, weil Ihre Tochter damals noch klein und Sie vollkommen erschöpft waren … Knightley: Das war natürlich ein Scherz. Ich bin Schauspielerin, ich kann immer weinen. Dazu brauche ich keinen Anlass. Auch wenn ich damals wirklich ziemlich k.o. war und dadurch womöglich etwas emotionaler als sonst. Meine Tochter war erst 18 Monate alt und schlief natürlich noch nicht durch.
Würden Sie sagen, dass das Muttersein Sie als Schauspielerin verändert hat?
Knightley: Nicht in dem Sinne, den Sie vielleicht meinen. Nur weil ich inzwischen ein Kind habe, spiele ich zum Beispiel nicht eine Mutter anders als vorher. Wie überhaupt genauso gut eine Kollegin eine solche Rolle spielen könnte, die selbst keine Kinder hat. Aber insgesamt stellt Elternschaft natürlich das ganze Leben auf den Kopf. Man macht Erfahrungen, die den Blick auf die Welt komplett verändern. Und das fließt in meine Arbeit ein. So wie jede Veränderung, die ich als Mensch durchmache, sich auf mein Spiel auswirkt.
Schon als junge Schauspielerin haben Sie sich stets offenherzig über schlechte Erfahrungen geäußert und sich zum Beispiel beschwert, wenn Bilder von Ihnen gephotoshopped wurden. Wurde das nie zum Problem?
Knightley: Ich weiß es nicht. Allerdings erinnere ich mich auch nicht mehr an alle Details aus diesen Jahren, als ich ziemlich jung recht erfolgreich wurde. Das war keine leichte Zeit für mich, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass sie anders verlaufen wäre, wenn ich öfter den Mund gehalten hätte. Aber ich habe damals gelernt, dass man sowieso keine andere Wahl hat, als einfach man selbst zu sein. Und dass man es nie allen recht machen kann. Selbst wenn man immer nett lächelt und hübsche Kleidchen bei Wohltätigkeitsveranstaltungen trägt, wird es Leute geben, die dich dafür hassen. Also „fuck ‘em“, um es mal so zu sagen.
Wie blicken Sie zurück auf diese Zeit, als Sie mit „Kick It Like Beckham“und „Fluch der Karibik“in Windeseile weltberühmt wurden? Knightley: Ich habe mich wirklich schwer damit getan. Wahrscheinlich ist es für alle jungen Frauen mit Anfang 20 kein leichter Prozess, herauszufinden, wer man ist und was man will. Und bei mir kam eben erschwerend hinzu, dass ich plötzlich berühmt war. Aber ich habe es überlebt …
Heute können Sie besser damit umgehen, im Rampenlicht zu stehen? Knightley: Ohne Frage. Und ich genieße auch meine Arbeit viel mehr. Damals war ich sehr verunsichert. Eigentlich wollte ich ja zur Schauspielschule, aber dazu kam es nie, weil plötzlich all diese Filmangebote kamen. Keine Ahnung, ob mich der Ruhm weniger verunsichert hätte, hätte ich eine Ausbildung gehabt. Aber ich vermute mal, dass ich ein wenig anders behandelt worden wäre, wäre ich von einer renommierten Schauspielschule gekommen.
Geben Sie mit diesen Erfahrungen im Rücken jungen Kolleginnen wie etwa der jungen Deutschen Flora Thiemann in „Niemandsland“Ratschläge? Knightley: Nein, Ratschläge gebe ich nicht. Aber gerade in der Arbeit mit jungen Mädchen bin ich immer besonders achtsam. Mir ist wichtig, dass man ihnen zuhört, sie in Konversationen einbezieht und ihnen das Gefühl gibt, dass ihre Meinung zählt. Egal, wie jung mein Gegenüber ist, ist sie ja trotzdem meine künstlerische Partnerin und Verbündete. Einfach ignoriert und stumm in der Ecke sitzen gelassen zu werden, so wie es mir früher oft ergangen ist, ist eine echte Qual.
Klingt fast so, als hätte Ihnen die Schauspielerei als Jugendliche keinen Spaß gemacht. Aber wenigstens die Arbeit an „Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung“war doch sicher aufregend, oder? Knightley: Ganz ehrlich? Eigentlich erinnere ich mich an „Star Wars“kein bisschen.
Echt nicht? Knightley: Wirklich nicht. Ich war damals zwölf Jahre alt und drehte ungefähr zur gleichen Zeit auch die Rosamunde-PilcherVerfilmung „Heimkehr“. Das war ein Job, den ich wirklich liebte, denn zum ersten Mal stand ich vor der Kamera und hatte eine richtige Rolle, eine echte Figur, die ich verkörpern musste. Davon konnte bei „Star Wars“nicht die Rede sein, da gehörte ich nur zum Bildhintergrund. Manchmal war ich das Double von Natalie Portman, manchmal hatte ich nicht die geringste Ahnung, was ich eigentlich tue. An „Heimkehr“habe ich ganz klare Erinnerungen, weil ich da zum ersten Mal dachte: „Fuck, das ist ja großartig. Ich liebe diese Arbeit.“Bei „Star Wars“habe ich verschwommene Bilder davon im Kopf, wie ich mal von einem Golfmobil gefallen bin, auf dem auch Ewan McGregor saß. Einfach weil es verdammt peinlich war. Aber mehr ist da nicht.