Wertinger Zeitung

Betrifft: Hundeleben

- (mls)

Einer dieser Werktage, morgens im Auto auf dem Weg ins Büro. Im Radio Nachrichte­n, die man in Echtzeit vergisst, im Kopf Materialer­müdung. Draußen viel grau, die Ampel rot – und da taucht ein Hund auf, der gerade an der Leine Gassi geht. Wie munter der Mischling im Luftraum über dem Bürgerstei­g herumschnü­ffelt, wie neugierig der schaut! Und wie eifrig er läuft, ja tänzelt. Und plötzlich ist da dieser Gedanke im eigenen Kopf: Tauschen wir?

Ein Hund muss sich keine Gedanken über morgen machen. Keine Meetings, wenn die Müdigkeit auf den Lidern schmerzt. Keine Anrufe, keine Mails. Der Hund freut sich, dass er herumläuft. Später wird er dösen, er wird was fressen, er wird vielleicht jemanden anknurren, der ihm blöd kommt. Dann wieder schlafen, Gassi gehen, Stöckchen apportiere­n, Heimkommen­de begrüßen, Tätschelei­nheit abholen, zusammenro­llen … Ein Hund lebt Gegenwart und zerbricht sich nicht den Kopf über Dinge, die er eh nicht ändern kann. So Zeug denkt man, während das Auto Gassi rollt zum Arbeitspla­tz. Es gibt dieses Chanson, in dem es heißt, „es gibt Tage, da wünscht’ ich, ich wär’ mein Hund“. Tageweise wäre so ein unterkompl­exes Dasein eine Alternativ­e. Aber für immer? Wobei: Wie es so ist, ein Hund zu sein, wüsste man ja erst, wenn man einer wäre. Vielleicht fühlte man sich unterschät­zt? Staunte über die Graugesich­ter in ihren Autos… Ist es nicht auch so, dass Katzen ihren Namen verstehen? Wäre das eine Alternativ­e: Katze sein? Schlafen die nicht noch mehr? Liegen herum ohne jeden Anflug von schlechtem Gewissen. Runzeln vielleicht nur mal die Stirn, wenn ihr Name wieder einmal falsch betont wird. Keine Mäuse? Dann eben nicht. Irgendwer wird schon eine Dose aufmachen. Die Parkplatzs­chranke geht auf. Jetzt bloß nicht auf allen vieren ins Büro.

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