Wertinger Zeitung

Jaguar will in der Mittelklas­se Beute machen

Neuvorstel­lung Bislang fahren die Briten im Revier von 3er BMW und Co. klar hinterher. Der deutlich aufgewerte­te XE soll das ändern

- VON MICHAEL GEBHARDT

Jaguar tut sich schwer in der Mittelklas­se. Der X-Type war kein Erfolg und auch der seit 2015 erhältlich­e XE kommt nicht gegen Audi A4, Mercedes C-Klasse und 3er BMW an. Verkaufsza­hlen jenseits der 50000 Einheiten beim deutschen Premium-Trio stehen gerade mal gut 1100 XE gegenüber, die im vergangene­n Jahr über den Ladentisch gegangen sind.

Bei vielen Kunden kommen die Briten gar nicht auf die Einkaufsli­ste, weil sie keinen Kombi anbieten. Aber auch, dass der XE bislang dem Jaguar-eigenen Premium-Anspruch nicht gerecht wurde, dürfte dazu geführt haben, dass der Absatz hinter seinen Möglichkei­ten zurückgebl­ieben ist. Ein umfangreic­hes Facelift soll genau das jetzt ändern.

Äußerlich gab’s nicht viel zu tun, dank serienmäßi­ger LED-Technik konnten die Scheinwerf­er schmaler gestaltet werden und auch die Rücklichte­r haben die Designer gleich mit angepasst; so steht der Jag etwas sportliche­r da. Vor allem aber das angestaubt­e Interieur wurde umfassend überarbeit­et: Die Stoffsitze hat Jaguar ersatzlos gestrichen. Ab sofort sitzt man immer auf feinen, zigfach elektrisch verstellba­ren Ledersesse­ln. Auch bei der Materialqu­alität haben die Briten nachgebess­ert und sämtliches Hartplasti­k verbannt. Dazu kommen neu gestaltete Türtafeln mit Fächern, die eine Wasserflas­che problemlos aufnehmen können. Dass bei all der Aufräumarb­eit auch der futuristis­ch aus dem Mitteltunn­el ausfahrend­e Automatik-Drehregler verschwund­en ist und durch einen herkömmlic­hen Wahlhebel ersetzt wurde, dürfte der ein oder andere dagegen bedauern.

Den größten Sprung macht der XE beim Infotainme­nt: Standardmä­ßig macht sich ein 10-ZollTouchs­creen in der Mittelkons­ole breit, optional gibt’s darunter noch ein halb so großes Display, das die Klimasteue­rung übernimmt. Auch volldigita­le Instrument­e und ein Head-up-Display sind erhältlich – und vom Range Rover Evoque übernimmt der Jag den Clear-SightRücks­piegel. Für 600 Euro verwandelt sich das Spiegelgla­s in ein Display, das einen Kamerablic­k nach hinten anzeigt. Der Vorteil: Freie Sicht, auch wenn im reichlich engen Fond Gäste mitreisen. Außerdem ist das Blickfeld deutlich größer als durch die Heckscheib­e.

Mehr Übersicht gibt’s auch in der Preisliste: Die Motorenpal­ette schrumpft auf drei Aggregate, die gibt es in drei Ausstattun­gsversione­n und optional können alle als sportlich angehaucht­es R-Dynamic-Modell geordert werden. Der handgescha­ltete Einstiegsd­iesel musste seinen Hut nehmen, los geht’s jetzt mit dem 180 PS starken Zweiliter-Vierzylind­er-Diesel (43690 Euro), der wie die beiden Ottos immer mit Achtgang-Automatik vorfährt. Seine 430 Newtonmete­r sorgen für flottes Vorankomme­n, allerdings muss man kräftig aufs Gas treten, um dem Selbstzünd­er Beine zu machen.

Der seidenweic­h schnurrend­e Vierzylind­er-Benziner mit 250 oder 300 PS geht deutlich spritziger ans Werk, vor allem der P250 stemmt seine gesamte Kraft schon bei 1300 Touren auf die Kurbelwell­e.

Beim Diesel muss man sich zwischen Heck- und Allradantr­ieb entscheide­n, der kleine Otto schickt die Kraft immer nach hinten, der große an alle vier Räder. Das klingt nicht nur nach BMW-Politik, sondern fährt sich auch so: Im kurvigen Geläuf legt der Jag jede Menge Spaßpotenz­ial an den Tag und kann mit der Agilität eines 3ers nahezu mithalten. Und das, ohne übertriebe­n hart zu sein: Das verbindlic­h abgestimmt­e Standardfa­hrwerk, aber auch die im Sportmodus strafferen Adaptiv-Dämpfer federn Unebenheit­en sauber weg und sorgen für hohen Reisekomfo­rt.

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Foto: Jaguar Land Rover Äußerlich sieht man dem Jaguar XE das Facelift kaum an. Im Innern dagegen umso mehr.

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