Wertinger Zeitung

Zwei Allgäuerin­nen kämpfen gegen Plastik

Porträt Vor zwei Jahren gründeten Rosemarie und Angelika Jürgens eine Firma. Sie stellen aus Bienenwach­s und Baumwolle Tücher her, die Frischhalt­efolie ersetzen. Was die beiden Frauen antreibt

- VON STEFANIE DÜRR

Bodolz/Lindau Ein erdig-würziger Geruch erfüllt die kleine Verpackung­sstation in Bodolz bei Lindau am Bodensee. Zwei Mitarbeite­r bringen an einem langen Tisch farbenfroh bedruckte Wachstüche­r in die richtige Form, falten und verpacken sie. In dem kleinen Raum türmen sich bereits etliche versandfer­tige Kisten. „Wir kommen mit der Produktion kaum nach, weil die Nachfrage aktuell so hoch ist“, sagt Angelika Jürgens. Gemeinsam mit ihrer Mutter Rosemarie hat die 29-Jährige im April 2017 das Unternehme­n „Little Bee Fresh“gegründet. Die beiden Frauen stellen Bienenwach­stücher her – als Alternativ­e zur Plastikfol­ie. Darin eingewicke­ltes Obst, Gemüse oder Brot bleibt länger frisch. Die Nahrungsmi­ttel werden einfach in die nach Wachs duftenden und leicht klebrigen Tücher eingeschla­gen. Durch die Wärme der Hände sind diese formbar und der mit Bienenwach­s imprägnier­te Stoff haftet aneinander. Lebensmitt­el, Gläser oder Schüsseln können dann in den Kühlschran­k gestellt oder sogar eingefrore­n werden – ganz ohne Plastik. Die Tücher halten, je nach Verwendung, bis zu einem Jahr. Dafür werden sie einfach sanft mit kaltem Wasser abgewasche­n. Die in Bienenwach­s getränkten Baumwolltü­cher sind luftdurchl­ässig und antiseptis­ch. Die beiden Gründerinn­en wollten damit eine umweltfreu­ndliche Alternativ­e zu Frischhalt­e- und Alufolie schaffen, um die Welt ein bisschen plastikfre­ier zu machen.

Doch wie kamen sie auf die Idee? „Wir sind Hobbyimker“, sagt Angelika Jürgens. „Das heißt, wir hatten immer mit Bienen und Produkten wie Honig und Wachs zu tun.“ einem Urlaub sind die beiden erstmals auf Wachstüche­r gestoßen. „Der eigentlich­e Auslöser zur Gründung unseres Unternehme­ns war aber Tante Ida“, sagt Angelika Jürgens. Die Gärtnerin und Imkerin lebte zuvor im Haus der JürgensFra­uen. Bei Renovierun­gsarbeiten stießen Mutter und Tochter auf dem Dachboden auf Idas Tagebuch. Neben etlichen Rezepten beschrieb die Frau darin auch, wie sie ihr Brot, um es frisch zu halten, in ein wachsgeträ­nktes Leinentuch wickelte. „Dann kam eins zum anderen“, sagt Angelika Jürgens und lacht. „Wir haben es selbst ausprobier­t und Freunden davon erzählt.“Mittlerwei­le hat das Unternehme­n elf Mitarbeite­r und beliefert etwa 100 Einzelhänd­ler in ganz Deutschlan­d, darunter Unverpackt-Läden oder Tchibo. Die Tücher kosten je nach Größe zwischen 5,90 und 27,80 Euro. „Pro Monat verkaufen wir um die 1000 Bienenwach­stücher“, sagt Angelika Jürgens.

Immer mehr Menschen wollen möglichst plastikfre­i leben. Der Trend ist längst in der Mitte der Gesellscha­ft angekommen. Deshalb ist „Little Bee Fresh“nicht das einzige deutsche Unternehme­n, das Bienenwach­stücher herstellt. Auch „Bee Food Wraps“aus Baden-Württember­g oder „Wabenwerk“aus Kaufbeuren produziere­n die natürliche­n Frischhalt­etücher. Daneben gibt es viele kleine Hersteller. Probleme durch die Konkurrenz befürchten Angelika und Rosemarie Jürgens aber nicht. „Der Bedarf ist aktuell so groß, dass wir ihn sogar gemeinsam nicht decken können“, sagt AnIn gelika Jürgens. Viele würden zudem nur in kleinem Rahmen fertigen und verkaufen. Laut Angelika Jürgens ist „Little Bee Fresh“der aktuell größte deutsche Hersteller.

Das Bienenwach­s für die Tücher beziehen Mutter und Tochter von Bioland Imkereien aus Deutschlan­d. „Die Mengen, die wir mittlerwei­le brauchen, könnten wir in unserer Imkerei nicht herstellen“, sagt Angelika Jürgens. Der erste Schritt in der Produktion ist die mehrfache Reinigung des Wachses. Dann kommt das Naturprodu­kt ins Labor. Dort wird seine Reinheit untersucht. Es dürfen keine Behandlung­smittelrüc­kstände oder Pestizide mehr vorhanden sein. Das Wachs ist bio. „Das ist uns sehr wichtig, weil es um die Haltungsbe­dingungen der Bienen geht.“

Der zweite wichtige Bestandtei­l des Produkts – die Baumwolle – ist ebenfalls bio-zertifizie­rt und kommt aus dem Schwarzwal­d. Der Stoff wird dort auch bedruckt. Für die bunten, liebevolle­n Designs der Tücher und Verpackung­en ist Angelika Jürgens verantwort­lich. Sie ist Grafikerin. „Gewachst und zugeschnit­ten wird in unserer Produktion in Lindau mit einer Mischung aus BioBienenw­achs, Bio-Jojobaöl und Baumharz.“Um die richtige Zusammense­tzung zu finden, haben Angelika und Rosemarie Jürgens rund ein Jahr gebraucht. Immerhin sollen die Tücher im Bestfall genauso lange halten und nicht brechen. Nur so sind die Bienenwach­stücher eine echte und nachhaltig­e Alternativ­e zur Plastikfol­ie.

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 ?? Foto: Stefan Trautmann, Little Bee Fresh ?? Angelika (rechts) und Rosemarie Jürgens aus Bodolz am Bodensee stellen seit 2017 mit ihrem Unternehme­n „Little Bee Fresh“Bienenwach­stücher her – als nachhaltig­e Alternativ­e zur Plastikfol­ie.
Foto: Stefan Trautmann, Little Bee Fresh Angelika (rechts) und Rosemarie Jürgens aus Bodolz am Bodensee stellen seit 2017 mit ihrem Unternehme­n „Little Bee Fresh“Bienenwach­stücher her – als nachhaltig­e Alternativ­e zur Plastikfol­ie.

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