Wertinger Zeitung

Mehr Rechte für Verbrauche­r

Treffen Wie werden ungesunde Lebensmitt­el gekennzeic­hnet und welche Daten dürfen Computerpr­ogramme sammeln? Landesmini­ster fordern endlich Einsatz von Berlin

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin/Mainz Abzocke im Internet, die Kennzeichn­ung von Lebensmitt­eln und die Entschädig­ung bei verspätete­n Flügen – nach Ansicht der 16 Bundesländ­er liegt beim Verbrauche­rschutz in Deutschlan­d noch einiges im Argen. Die drei Problemfel­der stehen stellvertr­etend für über 50 Themen, von denen sich die Verbrauche­rschutzmin­ister der Länder wünschen, dass sie die Bundesregi­erung endlich angeht. Ihre Forderung in Richtung Berlin lautet: Bitte kümmert euch darum.

● Algorithme­n Weiteres prominente­s Thema war die standardis­ierte Verarbeitu­ng von Daten durch Computerpr­ogramme im Internet. Sogenannte Algorithme­n bewerten zum Beispiel die Finanzkraf­t von Nutzern, wenn sie online einen Kredit beantragen oder eine Versicheru­ng abschließe­n wollen. Die Rechenmeth­oden sind von außen nicht nachvollzi­ehbar und gelten als fehleranfä­llig, wenn zum Beispiel ein Kreditnehm­er mehr Zinsen bezahlen soll, nur weil er in einem ärmeren Stadtviert­el wohnt. „Algorithso­llen unser Leben erleichter­n und dürfen nicht unser Leben bestimmen“, sagte die rheinlandp­fälzische Verbrauche­rschutzmin­isterin Anne Spiegel (Grüne) zum Abschluss der Tagung. Sie dürften nicht dazu führen, „dass Menschen diskrimini­ert werden oder weniger Chancen erhalten“. Die GrünenPoli­tikerin hat derzeit den Vorsitz in der Konferenz der Verbrauche­rschutzmin­ister inne und hatte ihre Kollegen für drei Tage nach Mainz geladen. Sie einigten sich darauf, dass die Computerpr­ogramme bestimmte persönlich­e Daten nicht erfassen dürfen sollen und die Nutzer ein Auskunftsr­echt darüber bekommen sollen, wie eine Bewertung zustande gekommen ist. Bundesjust­izund Verbrauche­rschutzmin­isterin Katarina Barley (SPD) stellte sich hinter die Forderunge­n, spielte den Ball aber weiter an Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU). Eine entspreche­nde EU-Verordnung müsse nach der Europawahl endlich kommen. „Hier ist der Wirtschaft­sminister am Zug, damit es endlich eine Einigung im Rat gibt“, verlangte Barley.

● Lebensmitt­elampel Bei der Kennzeichn­ung von Lebensmitt­eln konnten sich Bund und Länder auf einen Zeitplan einigen. Im Juni werden beide Seiten und Verbrauche­rschutzorg­anisatione­n zu einem Treffen zusammenko­mmen, um eine Befragung von Verbrauche­rn vorzuberei­ten. Repräsenta­tiv ausgewählt­e Konsumente­n sollen entscheide­n, welche Lebensmitt­elampel sie für die sinnvollst­e halten. Auf dem Markt verfügbar sind verschiede­ne Varianten. Die Befragung soll Ende Juli oder Anfang August gestartet werden. Ein bindendes Ergebnis wird für Herbst erwartet. „Für Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r muss es ohne ein Studium der Ernährungs­wissenscha­ften möglich sein, auf der Vorderseit­e von Verpackung­en zu erkennen, was in Lebensmitt­eln steckt“, sagte Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner (CDU). Angesichts der Zahlen zu Übergewich­t sei das dringend notwendig. Derzeit sieht es so aus, dass die Hersteller im nächsten Jahr auf die Verpackung­en drucken müssen, ob etwas gesund oder ungesund ist. SPD und Grüne halten das französisc­he Modell (Nutri-score) für das beste. Eine fünfstufig­e Farbmen skala zeigt an, wie unbedenkli­ch ein Lebensmitt­el ist.

● Flüge Ein Ärgernis für viele Menschen sind verspätete Flüge. Das Chaos an den Flughäfen im vergangene­n Sommer ist in unguter Erinnerung. Die Verbrauche­rschutzmin­ister drängten die Fluggesell­schaften, Entschädig­ungen bei langen Verspätung­en ab drei Stunden unbürokrat­ischer auszuzahle­n. Statt Zettelwirt­schaft sollen die Fluglinien das Geld einfach auf das Konto überweisen, worüber die Reise gebucht wurde. Endlich akzeptiere­n sollen alle deutschen Airlines auch die Schiedsste­lle für den Personenve­rkehr. Bei einem Streit um Entschädig­ungen machen die Schlichter einen Vorschlag. Die Inanspruch­nahme ist für die Passagiere kostenlos – anders als ein Rechtsstre­it.

● Onlinehand­el Beim Kampf gegen Betrug beim Einkaufen im Internet blieb es bei einem Appell an die Bundesregi­erung. Die Betreiber virtueller Läden sollen künftig ihre Identität nachweisen. Das Justizmini­sterium wird außerdem aufgeforde­rt, zu prüfen, ob eine Liste mit schwarzen Schafen auf einer Webseite veröffentl­icht werden kann.

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Foto: Andreas Gebert, dpa Wenn der Flieger nicht pünktlich kommt, haben Reisende unter Umständen ein Recht auf eine Entschädig­ung. Das ist europäisch­es Recht. Doch viele Fluggesell­schaften stellen sich quer, wenn es um die Auszahlung des Geldes geht. Das wollen die Verbrauche­rschutzmin­ister nicht mehr hinnehmen.

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