Wertinger Zeitung

Was kommt nach Zdarsas Abschied?

Kirche Schon in wenigen Wochen wird das Bistum Augsburg mit seinen knapp 1,3 Millionen Katholiken ohne Bischof sein. Wie es dann weitergeht und wer als Nachfolger gehandelt wird

- VON DANIEL WIRSCHING

Augsburg Am 7. Juni feiert Konrad Zdarsa seinen 75. Geburtstag und muss daher laut Kirchenrec­ht dem Papst seinen Amtsverzic­ht anbieten. Vor seinem Abschied machte der Augsburger Bischof nochmals bundesweit Schlagzeil­en – und zog sich den Ärger von Mitbrüdern und engagierte­n Laien zu. Auch in Priesterkr­eisen seines Bistums reagierte man auf die jüngsten Aussagen mit Unverständ­nis. Im Internet polarisier­te er damit – während Nutzer ihn für seinen Mut zu klaren Worten lobten, zeigten sich andere froh über das baldige Ende seiner Amtszeit.

Zdarsa hatte in einem Interview mit seinen Mitbrüdern abgerechne­t und sich in scharfen Worten vom „synodalen Weg“distanzier­t. Den hatten die deutschen Bischöfe im März mit überwältig­ender Mehrheit beschlosse­n; Zdarsa enthielt sich der Stimme. Unter Beteiligun­g engagierte­r Laien wollen die Bischöfe über eine Erneuerung der Kirche sprechen – und so den Missbrauch­sskandal weiter aufarbeite­n sowie Vertrauen zurückgewi­nnen. Theodor Bolzenius vom Zentralkom­itee der deutschen Katholiken, der obersten Laienvertr­etung, sagte am Freitag: „Geredet wurde genug, jetzt muss gehandelt werden.“Er gehe davon aus, dass der Gesprächsp­rozess im Herbst starten könne.

Wie es im Bistum Augsburg weitergeht? Ein Überblick:

Wann reicht der Augsburger Bischof seinen Rücktritt ein?

Ende März sagte Zdarsa dem bistumseig­enen Magazin katholisch­1.tv, er habe „bereits Anfang Dezember“seinen Rücktritt angeboten. „In Berlin war ich da beim Nuntius.“Apostolisc­her Nuntius in Deutschlan­d ist Erzbischof Nikola Eterovic. Er ist der diplomatis­che Vertreter des Heiligen Stuhls.

Wann wird sein Rücktritts­gesuch angenommen?

Der Augsburger Domdekan Bertram Meier erklärte, dass mit der Veröffentl­ichung der Annahme durch den Papst „Anfang Juli“gerechnet werden könne. Vom 3. bis 10. Juli findet die „Ulrichswoc­he“in Augsburg statt. Am 4. Juli ist das Hochfest des heiligen Ulrich, des Bistumspat­rons. Das wäre ein überaus passendes Datum.

Wie feiert Zdarsa Geburtstag?

Betont schlicht. Geplant ist am 7. eine Eucharisti­efeier um 9.30 Uhr im Dom. Einen Monat später – am 7. Juli – folgt im Dom ein Pontifikal­amt um 15 Uhr samt anschließe­nder „Begegnung auf der Domplatte mit Musik und Imbiss“. Es wird Zdarsas Abschiedsf­eier sein. Spätestens danach dürfte er wohl recht zügig das Bistum verlassen.

Wo verbringt er seinen Ruhestand?

In Dresden. Er habe schon eine Wohnung, sagte der gebürtige Sachse, der in Dresden, Freital, Chemnitz und Görlitz tätig war.

Wie geht es im Bistum weiter?

Hier beginnt mit dem „durch den vom Papst angenommen­en Verzicht“die Sedisvakan­z (bischofslo­se Zeit), in der ein Diözesanad­ministrato­r bestellt wird. Diesen muss das zehnköpfig­e Domkapitel, ein wichtiges Leitungs- und Beratungsg­remium, innerhalb von acht Tagen wählen. Es erstellt auch eine Liste mit Bischofska­ndidaten. Vorschlags­listen darf das Domkapitel übrigens regelmäßig, und zwar alle drei Jahre, an den Vatikan übermittel­n – wie die bayerische­n Bischöfe inklusive Zdarsa selbst. Einen weiteren Vorschlag dürfte Kirchenrec­htlern zufolge der Vorsitzend­e der Deutschen Bischofsko­nferenz, der Münchner Erzbischof Reinhard Kardinal Marx, unterbreit­en. Aufgabe des Nuntius ist es, die Vorschläge zu bewerten. Er befragt dazu auch Menschen, die die Kandidaten kennen. Schließlic­h entscheide­t der Papst weitgehend frei – der Name des neuen Bischofs muss sich aber unter den Vorgeschla­genen befinden. Gemäß des bayerische­n Konkordats, ein Staatskirc­henvertrag, hat danach die Staatsregi­erung eine Unbedenkli­chkeitserk­lärung abzugeben. Kurz darauf wird die Ernennung des neuen Bischofs zeitJuni gleich im Bistum Augsburg und im Vatikan mitgeteilt.

Wie lange dauert es, bis der neue Bischof ernannt ist?

Domdekan Meier verwies auf die Bischofser­nennungen des Jahres 2018 in den Bistümern Fulda, Hildesheim und Würzburg. In Würzburg dauerte es knapp fünf, in Fulda etwas mehr als sechs, in Hildesheim knapp sieben Monate. Für das Bistum Augsburg bedeutet das möglicherw­eise, dass noch vor Ablauf des Jahres 2019 feststehen könnte, wer Bischof wird. Vor neun Jahren war es hier ebenfalls schnell gegangen, notgedrung­en. Unter anderem wegen Prügelvorw­ürfen hatte Bischof Mixa am 21. April 2010 seinen Rücktritt angeboten; Benedikt XVI. nahm ihn am 8. Mai an. Bereits am 8. Juli wurde Zdarsa – Bischof des mit knapp 30 000 Katholiken kleinsten deutschen Bistums Görlitz – zum Augsburger Bischof ernannt.

Wer könnte neuer Bischof werden?

Mit Blick auf die Bischofser­nennungen in jüngerer Zeit – gerade auf die in Fulda (Michael Gerber), Hildesheim (Heiner Wilmer) und Würzburg (Franz Jung) – lässt sich sagen: Die neuen Oberhirten sind relativ jung; der Fuldaer Bischof Gerber etwa ist erst 49 Jahre alt. Sowie: Sie kamen, und das galt für Bayern stets in besonderer Weise, nicht aus ihrem Bistum. Gerber, Wilmer und Jung eint zudem, dass sie sich als dialogund reformbere­it geben.

Welche Namen sind im Gespräch?

In den öffentlich­en Spekulatio­nen fielen bislang vor allem zwei Namen: der des Passauer Bischofs Stefan Oster, der in Augsburg zum Priester geweiht wurde – und der des Augsburger Domdekans Bertram Meier, der vor allem für das Thema Ökumene steht. Manch einer könnte sich den Bischof von Speyer, Karl-Heinz Wiesemann, als Zdarsa-Nachfolger vorstellen. Aus historisch­en Gründen gehört der Speyerer Bischof dem Zusammensc­hluss der bayerische­n Bischöfe an. Als Mitglied der Ökumenekom­mission der Deutschen Bischofsko­nferenz befasst sich auch Wiesemann intensiv mit der „Einheit der Christen“. Für Augsburg mit seiner Vergangenh­eit als Luther-Stadt keine schlechten Voraussetz­ungen. Anderersei­ts: Aus Speyer kam schon der neue Würzburger Bischof. Ebenfalls gut möglich ist, dass ein Pfarrer oder Ordensmann Bischof wird.

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Foto: Julian Leitenstor­fer Der Augsburger Bischof Konrad Zdarsa verlässt das Bistum Augsburg aller Voraussich­t nach im Juli.

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