Markenkern
Ist die CDU flacher geworden? Zwergenhafter? Glatter? Alles zusammen? Jedenfalls hat Carsten Linnemann festgestellt: „In den letzten Jahren sind die Markenkerne der CDU abgeschliffen worden.“Das Image der Partei ist dadurch nicht aufpoliert worden, und funkelnd wie ein Diamant erschien die CDU zuletzt auch nicht.
Carsten Linnemann ist nicht irgendwer, sondern 41, aus Paderborn und Autor des Buches „Die machen eh, was sie wollen: Wut, Frust, Unbehagen – Politik muss besser werden.“Vor allem ist Linnemann Chef der Mittelstandsvereinigung der CDU, die als solche vermutlich einen der diversen zurechtgestutzten niederschwelligen Markenkerne darstellt. In Zeiten, da ein blauhaariger Typ namens Rezo die CDU im Internet vorführt und ihr vor Augen führt, wie PolitMarketing für Millionen heute geht, ist Markenpflege ein Muss. Wenn so ein schwadronierender PolitKäpt’n Blaubart eine Partei ins Mark treffen kann, muss der Kern schon ziemlich aufgeweicht sein.
Früher hatten verschiedene Parteien verschiedene Programme. Heute brauchen sie einen Markenkern, der Unterscheidbarkeit und Alleinstellungsmerkmal verkörpert. Der Wähler ist Konsument. Es ist, als ob im Bundestag BMW, VW, Daimler, Opel und Ford sitzen. Jetzt brauchst du eine gescheite Markenbildung, Markenführung, Markenpflege, Markenstrategie. Und nur wenn dein Markenauftritt überzeugend ist, schaffst du die härteste Währung: Markentreue. Wer heute Persil wählt, wählt vielleicht morgen Ariel, Spee oder den Weißen Riesen oder gar Perwoll. Waschen auch alle bzw. machen Politik und werben um Zuspruch.
Unter den Parteien gibt es ein weiteres Problem: Markenpiraterie. Da braucht man nur mal die Grünen in Bayern zu fragen, was denen die CSU alles abgekupfert hat. Wenn andere mit deinen Markenzeichen hausieren gehen, nivelliert das irgendwann den Markenwert. Weil insbesondere Volksparteien meinen, sich sehr breit aufstellen zu müssen, sieht der Markenkern meist aus wie eine Flunder. Markendehnung ist zwar ein Instrument am Markt – aber die Linnemänner dieser Welt sind damit nicht zufriedenzustellen.
Vielleicht wäre die CDU schon froh, ach könnte doch Friedrich Schiller sie gemeint haben: „Den Schmuck der Zweige habt ihr abgehauen, da steh’ ich, ein entlaubter Stamm! Doch innen im Marke lebt die schaffende Gewalt, die sprossend eine Welt aus sich geboren.“