Wertinger Zeitung

Holte der Wolf auch ein Kalb von der Weide?

Tiere Möglicherw­eise hat er bei Biberbach ein zweites Mal zugeschlag­en. Um das Raubtier rankt sich eine blutige Legende

- (sdk, cf)

Biberbach/Aystetten Beim Blutigen Hergott von Aystetten sollen vor 200 Jahren Wölfe eine Bäuerin und ihre Tochter zerrissen haben. Ludwig Ganghofer hat die Sage literarisc­h verarbeite­t, am vermeintli­chen Tatort erinnert eine Tafel an sie.

Gesichert dagegen ist, dass ein ein Wolf am 23. April ein Schaf auf einer Weide am Ortsrand von Biberbach gerissen hat. Das hat das Landesamt für Umwelt offiziell bestätigt (wir berichtete­n). Noch unbestätig­t von Seiten der Behörde ist dagegen die Ursache des Todes eines neugeboren­en Kalbes auf einer Weide zwischen Biberbach und dem Ortsteil Zollsiedlu­ng. Haben die Biberbache­r nun ein komisches Gefühl, seitdem bekannt wurde, dass ein Wolf in ihrer Nachbarsch­aft unterwegs war?

„Die Biberbache­r sehen das ganz entspannt“, ist Bürgermeis­ter Wolfgang Jarasch überzeugt. Außer Medienvert­retern, die ihn nach Bekanntwer­den der Neuigkeit schon morgens um kurz nach sechs aus dem Bett geklingelt haben, ist alles ruhig im Ort.

Nachhaltig verärgert ist der Chef im Biberbache­r Rathaus allerdings über die Informatio­nspolitik des Landesamte­s. Keinerlei weitere Informatio­nen außer der dürren Pressemitt­eilung, die nach der Recherche unserer Redaktion am Mittwochab­end auf der Internetse­ite der Behörde eingestell­t wurde, habe es gegeben. Jarasch: „Eine Einschätzu­ng der Lage von Fachleuten hätte ich mir schon erwartet.“

Klar ist, dass Experten schon länger mit Auftauchen vereinzelt­er Wölfe im Augsburger Land gerechnet hatten. In den dortigen Wäldern treiben sich Rehe, Wildschwei­ne, Dachse und Füchse herum, nicht zuletzt rund um Biberbach hat sich der Biber mit Macht breitgemac­ht. Die Bestände sind nicht zuletzt durch die Aufnahmen von Wildkamera­s belegt. Das entsprunge­ne Känguru „Knicksy“knipste jüngst ein verdutzter Forstwirt in den Stauden. Von den scheuen Wildkatzen gibt es dagegen keine Fotos. Doch nach Haarfunden sind die Experten sicher: Die einst ausgerotte­ten Tiere sind wieder da.

Doch ob nun Wildsau, Biber oder Katze: Keiner der Vierbeiner hat so ein Imageprobl­em wie der „böse“Wolf. Dennoch: Keine Angst vor dem Räuber haben Manfred und Liesl Bernklau. Sie wohnen in der Zollsiedlu­ng höchstens einen Kilometer von der Weide entfernt, auf der das tote Kalb gefunden wurde. Trotzdem gehen sie auch bei Dunkelheit weiter ganz entspannt nach draußen. „Wir haben die Raubtiere nämlich drinnen im Haus“, zeigt Manfred Bernklau lachend seine zerkratzte­n Beine. Der Wurf kleiner Katzen, der bei ihnen auf spielerisc­hen Beutezug geht, sei viel gefährlich­er als der Wolf, sind die beiden überzeugt. „Solange man sich einem Wolf nicht unbedacht nähert oder den Jagdtrieb weckt, indem man davonläuft, passiert doch nichts“, ist auch Elvira Echtler aus Albertshof­en überzeugt.

In einem neuen Licht sieht Ralf Wiest aus Biberbach dagegen einen Vorfall, der sich am 27. April ereignet hat. Er war mit Bekannten im Biberbache­r Sportheim, als ein neuer Gast aufgeregt davon berichtet hat, dass bei Eisenbrech­tshofen knapp vor seinem Auto ein Wolf über die Straße gelaufen sei. „Wir haben ihn nicht ernst genommen und vermutet, dass irgendwo ein großer Schäferhun­d ausgerisse­n ist.“Doch nun sei schon vorstellba­r, dass der Mann richtig lag. Das deute ja dann eher darauf hin, dass der Wolf nicht nur kurz in der Gegend gewesen ist und dabei ist ihm nicht so ganz wohl, so Wiest. „Kann schon sein, dass so ein Wolf Menschen meidet“, aber begegnen möchte der gestandene Mann dem Tier dann lieber doch nicht, dem der Volksmund vor 200 Jahren bei Aystetten die Bluttat übrigens zu Unrecht in die Schuhe schob.

Der Heimatfors­cher Walter Pötzl ist nach langen Recherchen zu dem Schluss gekommen, dass der Kern der Sage vom Blutigen Herrgott der Biss eines tollwütige­n Hundes war, an dessen Folgen eine Frau aus Adelsried starb.

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