Wertinger Zeitung

Ein Schlag – oder war da mehr?

Prozess Ein 19-Jähriger aus dem Landkreis soll auf einem Volksfest auf einen Mann am Boden eingeschla­gen haben. Vor Gericht streitet er vieles ab – doch die Zeugenauss­agen belasten ihn

- VON ANDREAS SCHOPF Symbolfoto: Kaya

Dillingen Ein Frühlingsf­est im vergangene­n Jahr. Es wird Alkohol getrunken und gefeiert. Am Rande geraten zwei Männer aneinander. Ein 19-Jähriger aus dem Landkreis Dillingen soll dabei einem anderen Besucher unvermitte­lt mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Als das Opfer zu Boden ging, soll er weiter auf dessen Kopf eingeschla­gen haben. Der junge Mann hat dabei ein Schädel-Hirn-Trauma sowie eine Prellung der Augenhöhle davongetra­gen. Für diese Tat auf dem Frühlingsf­est in Rammingen im benachbart­en Baden-Württember­g musste sich der 19-Jährige nun vor dem Dillinger Amtsgerich­t verantwort­en. Zu Beginn des Prozesses gibt der Angeklagte lediglich zu, einmal mit der Faust zugeschlag­en zu haben. Als das Opfer am Boden lag, habe er nicht weitergesc­hlagen. Der 19-Jährige betont, dass der Widersache­r ihn vorher beleidigt und in die Beine getreten hatte.

Eine Aussage, der Zeugen widersprec­hen. Zwei Frauen, die in jener Mainacht unbeteilig­t neben der Gruppe standen, sagen übereinsti­mmend aus, dass sich die beiden Männer zunächst „ruhig“und „friedlich“unterhielt­en. Aus dem Nichts habe ein junger Mann zugeschlag­en und das Opfer auch weiter malträtier­t, als dieses bereits am Boden lag. Beide Zeuginnen können nicht mehr zweifelsfr­ei sagen, ob es sich bei dem Schläger um den Angeklagte­n handelte. Eine gab jedoch an, dass der Täter türkisch sprach – ein mögliches Indiz für den Angeklagte­n, der dieser Sprache mächtig ist. Beide Zeuginnen bestätigen außerdem, dass derjenige, der den ersten Faustschla­g abgab, definitiv auch der war, der anschließe­nd am Boden weiter auf das Opfer einschlug.

Die Beweislage ist relativ eindeutig, erst recht, weil der Angeklagte den ersten Faustschla­g bereits eingeräumt hat. Richterin Gabriele Held und Staatsanwa­lt Andreas Kraus fordern den Angeklagte­n auf, ein vollumfäng­liches Geständnis abzulegen. Der 19-Jährige und sein Rechtsanwa­lt Gerhard Jung lehnen dies ab. So wird ein weiterer Zeuge vernommen, ein Bekannter des jungen Mannes. Der Zeuge kommt ins Schlingern. Zunächst schildert er die Vorkommnis­se komplett anders als die beiden Zeuginnen zuvor – zum Vorteil des Angeklagte­n. Auf kritische Nachfrage der Richterin beteuert er: „Ich habe es gesehen.“Auch Staatsanwa­lt Kraus ist misstrauis­ch und macht dem Zeugen deutlich, dass er im Falle einer Falschauss­age bestraft wird. Daraufhin rudert der Zeuge zurück. „Ich habe getrunken, ich weiß es nicht mehr genau“, sagt er. Nach nochmalige­n Nachfragen betont er: „Ich revidiere meine Aussage.“Die Sachlage ist nun relativ eindeutig. Zweimal ziehen sich der Angeklagte, der Rechtsanwa­lt sowie der Vater des 19-Jährigen zur Beratung zurück. Schließlic­h legt der Angeklagte, der bereits wegen vorsätzlic­her Körperverl­etzung aktenkundi­g ist, ein Geständnis ab, wenn auch zögerlich. Dieses bewahrt ihn vor einer höheren Strafe.

Richterin Held verhängt wegen vorsätzlic­her Körperverl­etzung eine Woche Dauerarres­t, außerdem muss der Angeklagte die Kosten des Verfahrens tragen. Der 19-Jährige und die Staatsanwa­ltschaft nehmen das Urteil an, es ist damit rechtskräf­tig.

Ein Zeuge muss seine Aussage revidieren

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