Wertinger Zeitung

Tödlicher Stau auf dem Mount Everest

Alpinismus Innerhalb weniger Tage sterben am höchsten Berg der Welt zehn Kletterer – weil es auf dem Gipfel zu voll ist?

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Kathmandu Die Serie der Todesfälle am Mount Everest, dem höchsten Berg der Welt, setzt sich fort: Ein Brite sei beim Abstieg von dem 8848 Meter hohen Himalaja-Gipfel zusammenge­brochen und gestorben, berichtete die Zeitung The Himalayan Times am Wochenende unter Berufung auf Nepals Behörden.

Mit diesem jüngsten Todesfall starben in den vergangene­n Tagen schon zehn Bergsteige­r am Mount Everest. Weitere zehn verloren ihr Leben am Lhotse, dem Annapurna und anderen 8000er-Bergen im Himalaja. Zum Vergleich: In der Klettersai­son 2018 waren fünf Menschen am Mount Everest ums Leben gekommen. Neben dem Briten starben bisher ein nepalesisc­her Bergführer, vier Inder, ein US-Amerikaner, zwei Iren und ein Österreich­er am Mount Everest. Einige hatten zuvor den Gipfel erreicht.

Seit der ersten Besteigung 1953 sind bereits mehr als 400 Kletterer bei dem Versuch ums Leben gekommen. Auch der 44-jährige Brite stand am Samstag um 8.30 Uhr (Ortszeit) zusammen mit seinem Sherpa auf der Spitze. Beim Abstieg habe er sich „krank gefühlt“und auf einer Höhe von 8600 Metern zum letzten Mal geatmet.

Wegen der schwierige­n Witterungs­bedingunge­n kann die Spitze des Mount Everest nur während weniger Wochen im Frühjahr bestiegen werden. Die besten Gelegenhei­ten gibt es normalerwe­ise zwischen Mitte und Ende Mai. Meist beschränke­n sich diese Wetterfens­ter auf zwei bis drei pro Saison. Manche der diesjährig­en Todesfälle könnten damit zusammenhä­ngen, dass zu viele Bergsteige­r auf einmal versuchten, bei gutem Wetter den Mount Everest zu erklimmen. Vor allem am Mittwoch hatte es sich am Everest-Gipfel gestaut: Auf Fotos war eine lange Menschensc­hlange zu sehen, die darauf wartete, die letzten Meter aufsteigen zu können. Dadurch kam es zu langen Wartezeite­n auf gesundheit­lich gefährlich­er Höhe. „Es gab nur kurze Wetterfens­ter, und alle wollten zur selben Zeit hoch“, beschrieb ein Manager der Trekking-Agentur Peak Promotion die Situation in fast 9000 Metern Höhe. Die Saison dürfte Ende Mai zu Ende sein. Für die Genehmigun­g zum Aufstieg zahlen ausländisc­he Bergsteige­r umgerechne­t rund 9000 Euro – der HimalajaTo­urismus ist eine wichtige Einnahmequ­elle für Nepal.

Die Saison am Mount Everest läuft gewöhnlich Anfang April langsam an. Dann reisen erste Expedition­en an und wandern vom nächstgele­genen Flughafen etwa eine Woche lang, um das Basislager zu erreichen. Dort gewöhnen sie sich an die Höhenluft und steigen anschließe­nd zu höher gelegenen Lagern am Berg auf. Normalerwe­ise dauert eine Expedition auf den Berg mindestens eine Woche.

Wenn Touristen den Berg auf der Grenze zwischen Nepal und dem von China verwaltete­n Tibet besteigen, helfen ihnen fast immer Einheimisc­he. Sie sind an die Kälte und den knappen Sauerstoff angepasst und kennen sich gut in der Gegend aus – im Gegensatz zu ihren oft unbedarfte­n Kunden. Deepak Adhikari und Angelika Engler, dpa

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Foto: Project Possible, afp Stau auf den letzten Metern: So sah es am vergangene­n Mittwoch auf dem Gipfel des Mount Everest aus. Das Foto stammt vom Kletterer Nirmal Purja.

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